(opa) Der eine oder andere ist heute früh mit “Brausebrand” aufgewacht, was nicht nur an diesem herrlichen Sommerabend beim diesjährigen Sommerfest gelegen haben mag, sondern eventuell auch an den zwecks Abkühlung konsumierten Getränken. Das Motto war wie jedes mal “Wer sich erinnern kann, war nicht dabei!” und es wurde viel gelacht, intensiv diskutiert, alte und neue Gesichter gesehen, eine runde Sache insgesamt und vielen Dank an alle, die dabei waren und dazu beigetragen haben, dass mal wieder das Motto “schönhamwas” galt.
Verkatert dürfte heute früh auch Torhüter Marius Gersbeck in den Tag gestartet sein, vermutlich weniger wegen eigenen Alkoholgenusses, sondern wegen der österreichischen Ordnungshüter, die ihn aus dem Teamhotel zur Vernehmung mitgenommen haben, weil wohl etwas in einer Kneipe vorgefallen sein soll. Während der Boulevard seine üblichen Schlagzeilen schnitzt, tut man wie immer gut daran, erst einmal abzuwarten, was denn die Ermittlungen ergeben. Etwas Konkretes, ob er Zeuge war oder Beschuldigter, habe ich bislang nicht in Erfahrung bringen können. Positive Schlagzeilen und Hertha passt ohnehin selten zusammen und im ersten Moment hatte ich das “Wir sind so wie wir sind” Lied im Kopf.
Mit Humor erträgt sich das Leben ohnehin leichter, auch wenn sich viele Zeitgenossen schwer damit tun. Und Fußball kann eben auch ein Ventil sein, den Ballast des Alltags zu vergessen oder sich über irgendwas aufzuregen und damit seinen Alltagsfrust etwas zu kalibrieren. Und so werden sich eben einige an der Gersbeckthematik abarbeiten, die ohnehin immer schon etwas gegen Ultras oder jene hatten, die sich nicht eindeutig gegen die Ultras positionieren als gäbe es anderswo keine Vorkommnisse wie Betrug bei Doktorarbeiten. Das soll keinesfalls ein Whataboutismus sein, sondern einfach nur der Versuch, die Aufregung der ersten Stunden einer solchen Schlagzeile einzuordnen.
Immerhin kann man es auch positiv sehen: Über kein Trainingslager eines Zweitligisten dürfte in dieser Saison mehr berichtet werden und wir sind ja gerade auf der Suche nach einem neuen Brustsponsor, dessen Werbewert ja u.a. auch an der “Attention” festgemacht wird. Oder wie es in der Medienbranche heißt: Es gibt keine schlechten Nachrichten oder wie es der Werbemacher Karl-Heinz Karius mal ausdrückte:
Erst die gute Nachricht: Es gibt keine schlechte. Jetzt die schlechte: Die gute stimmt nicht.
Karl-Heinz Karius
Und so dürfte der Wirbel um Gersbeck unter den Berichterstattern eher Grund zur Freude sein, die ja ansonsten auch im Sommerloch waren und schon vorm Trainingslager Newswiederaufbereitung betrieben, indem sie zu skandalisieren versuchten, wer von Dardai angeblich rasiert und nicht mit ins Trainingslager mitgenommen wurde, obwohl das seit Wochen bekannt und auch klar kommuniziert worden war. So sagen Diskussionen über solche Vorfälle eben auch immer etwas über die Medienkompetenz derer aus, die sich dazu äußern. Und was viele überrascht: Auch Spieler sind Menschen und Menschen sind nicht frei von Fehlern, u.a. aus diesem Grund gibt es Radiergummis.
Ich kenne Marius Gersbeck persönlich und habe regelmäßig einen herzlichen Kontakt zu seinem Vater und ich kann mich von einer gewissen von Sympathie getragenen Befangenheit in der Berichterstattung über ihn daher nicht freisprechen. Und so ist es bei Sportjournalisten eben auch, die mögen neben der Schlagzeile und den Klicks, die sie verursacht, den einen oder den anderen Protagonisten mal mehr und mal weniger und nicht alles, was diese unter vier Augen sagen, ist zitierfähig. Und auch diese sind Menschen und machen mal Fehler, auch wenn eher selten darüber berichtet wird.
Möge die Geschichte am Ende gut ausgehen, Hertha braucht eine Identifikationsfigur und Marius Gersbeck hat das Potential dazu. Ein Junge aus der Kurve, der es zu den Profis geschafft hat und seinem Verein immer treu geblieben ist, auch wenn er zwischendurch woanders arbeiten musste, weil man ihn für nicht gut genug hielt bzw. nur eine Reservistenrolle für ihn hatte. Dass auch Torwarttrainer Menschen sind, die sich bisweilen verschätzen, ist in der jüngeren Historie unseres Vereins ziemlich offensichtlich geworden. Und war ziemlich teuer, wenn man bedenkt, dass wir einen Torhüter im Kader haben, der 2 Mio. € pro Jahr erhält und für den es keinen Markt gibt, nicht einmal, wenn Hertha das Gehalt oder große Teile davon weiter bezahlt.
Es gibt so viele Baustellen bei Hertha, dass da eine mehr allerdings kaum ins Gewicht fällt. Lasst uns den Sommer genießen, lasst uns die letzten pflichtspielfreien Tage genießen, in rund 14 Tagen rollt das Leder wieder. Hoffentlich immer einmal mehr ins gegnerische als ins eigene Tor, egal, wer zwischen den Pfosten steht.
HaHoHe, Euer Opa