(opa) Das wirklich positive am gestrigen Schneegestöber war, dass man die Partie zwischen ruppigen Augsburgern und limitierten Herthanern nicht allzu genau ansehen musste. Dennoch herrschte im Stadion und wohl auch daheim an den Fernsehschirmen ausgelassenste Jubelstimmung, als die drei Punkte im Sack waren. Drei wichtige Punkte, die sich wie sechs anfühlen und Hertha auf Platz 14 der Tabelle hochspülen, dass einige bereits rechneten, wie viele Punkte noch zum internationalen Geschäft fehlen. So ist es eben bei Hertha, “mal biste Hund, mal biste Baum”, dass ich mich schon bisweilen frage, weshalb Harald Juhnkes “Barfuß oder Lackschuh” es nicht zur Vereinshymne geschafft hat. Vermutlich zu fröhlich, der Herthaner singt lieber Fado in Moll.
Das Ergebnis stimmte also, fußballerisch gab es passend zur gerade begonnenen Fastenzeit aber Magerkost, die einen passend zum Wetter eher frösteln, ja beinahe gruseln ließ und die Frage aufwarf, wie die Protagonisten es mit ihrem Unterhaltungsauftrag halten. Übles Gebolze, was eher an Bezirksliga erinnerte, garniert mit Fehlpässen, die eine Remineszenz an noch niedrigere Ligen zu sein schienen. Man muss ja nicht in unsachliche Kritik am Trainer einstimmen, aber die Frage stellt sich schon, welchen Spieler Trainer Schwarz in seiner Zeit bei Hertha wirklich weiterentwickelt hat. Die Antwort dürfte ähnlich “dünne” sein wie das gestern Dargebotene.
Es war ein Spiel auf Augenhöhe, wenngleich das Niveau eher nicht geeignet schien, dafür Eintritt zu verlangen. Pässe gingen ins Nichts, hüfthoch in den Rücken, als Bogenlampe oder direkt zum Gegner. Augsburg ließ sich auf dieses Niveau herunter und wurde am Ende durch Erfahrung und zwei wirklich hübsche Tore geschlagen. Der Fernschuss von Richter, aus gefühlten 30 Metern einfach mal abgezogen, richtig getroffen und bähm, drin. Erlösender Jubel, denn bis dahin sah das Spiel nach einem dreckigen 0:0 aus, wo wir uns kurz vorm Ende ein Kacktor einfangen. Nein, diesmal gab es ein Happy End.
Und Hertha legte nach. Lukebakio schlenzte sehenswert am Augsburger Keeper zum 2:0 vorbei. Genickbruch für Augsburg, Bierdusche im Stadion. Herrlich, das ist Fußball, dafür steht man stundenlang in der Kälte, das ist einer der Momente, die man auch in Jahren noch mit “weißt Du noch” einleitend erzählen wird. There are no pictures on the scorecards. In der Vergangenheit malt der Pinsel gülden. Es ist der Selbstschutz der Seele, der einen die unangenehmen Details vergessen lässt.
Positiv hervorzuheben ist auch, dass endlich wieder zu Null gewonnen wurde, auch wenn mal wieder Flanken in den Strafraum geschlagen werden konnten, wo man sich fragt, was unsere Außenverteidiger denn so beruflich machen. Doch das, was auf Christensens Tor kullerte und trudelte, hielt der Däne sicher und fest. Er legt sich ja in solchen Momenten auch gern mal auf den Ball und verschafft sich so Ruhe und Überblick, wenngleich es für eine schnelle Spieleröffnung eher kontraproduktiv ist. Aber das verhindert eben auch, dass der Ball schnell wieder zurückkommt. Irgendwas ist ja immer.
Für den vom Präsidenten ausgegebenen “Berliner Weg” kam kurz vor Schluss Maxi Mittelstädt für ein paar Minuten zu einem kurzen Einsatz. Ansonsten entpuppt sich das Motto vermutlich als eine ähnliche Luftnummer wie vieles andere, was man vollmundig versprochen hat und dann doch schuldig bleibt. Ernst und Scherhant waren zwar auf der Bank, versauerten dort aber. Der Rest des Teams bestand aus den Resten der Zukäufe der letzten Jahre, die gerade nicht zwecks Verkaufsabsicht verliehen sind. Es bleibt einiges in Schieflage bei Hertha.
Und so ist das Ende dann bei genauerem Hinsehen doch nicht so happy. Zumal die nächsten beiden Spieltage eine deutlich gesteigerte Leistung erfordern, die Pillendreherelf aus dem Kölner Vorort wird man mit dem gestrigen Gebolze kaum dazu bewegt bekommen, etwas von den dringend benötigten Punkten herzugeben. Und auch die Mainzelmännchen werden Hertha zur Karnevalstruppe degradieren, wenn man nicht in allen wesentlichen Aspekten einen Zahn zulegt. Der Abstiegskampf ist noch nicht vorbei, die gestrigen 3 Punkte, so gut sie sich auch anfühlen und so wichtig sie auch waren, waren noch kein Befreiungsschlag. Für nichts und für niemanden.
Genießt Euren Sonntag, bleibt Blauweiß und geht am Montag mit dem Stolz eines Herthaners, der gewonnen hat, auf Arbeit.
HaHoHe, Euer Opa