(opa) Nachdem gestern die europäischen Verbände nun wegen der Verwendung der Kapitänsbinde enteiert und aus Furcht vor Millionenverlusten eingeknickt sind, können wir uns ja den nächsten kulinarischen Tips der Länder zuwenden, die heute gegeneinander antreten. Südamerika trifft Arabien, Skandinavien trifft Nordafrika, Mittelamerika auf Osteuropa.
Argentinien: Na klar entscheide ich mich hier für ein klassisches Asado, am besten eine ganze Kuh auf den Spieß gesteckt und schonend am offenen Feuer gegart. Was soll da schon schiefgehen, zumal der Gaucho die Fleischberge mit Rotwein und Bier herunterzuspülen pflegt. Man lebt vielleicht nicht lang mit einer solchen Ernährung, aber ganz sicher sehr glücklich. Da 60 % der Argentinier italienische Wurzeln haben, gilt Fernandito als Nationalgetränk, ein Fernet Branca mit Cola, quasi der Fudschi Argentiniens. Sieggarantie!
Saudi-Arabien: Das Land empfing 2019 20 Millionen Touristen und lag damit weltweit als Reiseland schon auf Platz 13. Die Küche ist arabisch geprägt, daher entscheide ich mich für Sfafid Allusch, einen Lammspieß als kleiner Vergleichsmaßstab zum Asado, wobei auch Aijet Baidat, gewürzte und frittierte Eier zu den Ereignissen des gestrigen Tages gepasst hätten. Als Getränk wähle ich Zitronen-Minz-Saft.
Dänemark: Ich war ja gerade dort im Urlaub und kulinarisch ist das Land leider auf dem Niveau von England und den Niederlanden einer der Anwärter auf die letzten Plätze der europäischen Küchen. Was wirklich gut ist dort, sind die als “Smörebröd” bekannten belegten Brote, die gern mit reichlich guter dänischer Butter, Fisch und Kresse bestreut serviert werden und dem geselligen Dänen nach einem harten Arbeitstag die Sangeskraft verleihen, die er braucht, um sein Team anzufeuern. Als Getränk wähle ich einen Aquavit, in dem Fall Nordguld, einen zehn Jahre in alten Sherryfässern gelagerten Kümmelbrand. Auch wenn die dänischen Aquavite mittlerweile in Norwegen destilliert werden, passt das Getränk zum Land, vor allem deshalb, weil man die Küche des Landes schnell vergessen kann.
Tunesien: Na klar wähle ich hier ein Gericht aus der Tajine, am liebsten Lamm mit Reis und Gemüse. Die französische Besatzung Tunesiens, die auf dem Berliner Kongress 1878 beschlossen wurde (und über die es ein wunderbares, von Christoph Hackenberg eingesprochenes Hörbuch aus dem Bookstream Verlag mit einer Folge aus dem Sherlock Holmes Reigen gibt), hat kulinarisch so gut wie keinen Einfluss gehabt, die Küche des Landes ist typisch nordafrikanisch geblieben. Naja, den Weinbau könnte der Franzose rekultiviert haben, den einst sicher der Römer eingeschleppt hat. Dennoch entscheide ich mich für einen Boukha, einen aus Feigen destillierten Brand. Klarer Sieg für Tunesien über die sympathischen, aber protestantisch kargen Dänen.
Mexiko: Viva! Mexikos Küche ist so vielfältig wie das Land der Leute mit den lustigen Sombreros. Und da jeder die Klassiker schon kennt, widme ich mich heute einer eher unbekannten, aber dennoch köstlichen Spezialität namens Caldo de oso, was wörtlich übersetzt so viel wie “Bärenbrühe” heißt. Die Namensgebung ist irreführend, dahinter versteckt sich eine Fischsuppe, das mit den Bären geht auf Arbeiter zurück, die einen Staudamm errichteten und den Fischfang so perfektionierten, dass sie ähnlich gut fischten wie Bären. Als Getränk wähle ich selbstverständlich den aus Agavensaft gewonnen Tequila, der gerade zum hippen Kultgetränk avanciert und es dürfte nur noch wenige Wochen dauern, bis in den hippen Gegenden Berlins die ersten Tequilabars öffnen, während die ersten Ginbars schließen müssen.
Polen: Mein Verhältnis zu unserem Nachbarland ist ja aufgrund meiner Familiengeschichte ambivalent, aber ich wähle heute mal die versöhnliche Variante und nehme einen Klassiker aus der schlesischen Küche, den ich auch immer wähle, wenn ich im empfehlenswerten polnischen Restaurant am Ende der Baumschulenstraße kurz vor der Fähre wähle: Zurek bzw. Zur, wie ihn meine oberschlesische Urgroßmutter nannte, ist eine Mehlsuppe aus Roggensauerteig, die mit Leinsamen, etwas Suppengrün, viel Knoblauch, Kartoffeln und fetter Wurst bzw. gepökeltem Fleisch und einem gekochten Ei serviert wird. Die graue Farbe ist genau wie der Geruch gewöhnungsbedürftig, aber gerade zu dieser Jahreszeit köstlich. Und als Getränk kommt natürlich nur Vodka in Frage, in dem Fall einer der besten, die ich bisher getrunken habe: Den aus reinem Roggen gebrannten Chopin. Ein Vodka, den auch ungeübte Vodkatrinker pur genießen können, keinerlei Fuselnoten enthält und einfach nur Lust auf das nächste Glas macht. Wenn es um Essen und trinken geht, weiß der Pole, wie er Freundschaft schließt.
So gehen die Matches also so eindeutig und identisch wie gestern aus: Argentinien und Tunesien siegen, Mexiko gegen Polen geht unentschieden aus, lecker ist alles.
Kommt gut in und durch den Tag, esst gut, trinkt maßvoll (also die Maß voll) und bleibt blauweiß! HaHoHe, Euer Opa
P.S.: Mitglieder können sich seit gestern eine Rückrundendauerkarte kaufen. Wer ist wie ich doch noch einmal schwach geworden? Wer weiß, wann man das nächste mal Bundesliga zu sehen bekommt?
Nachtrag: Die Partie Frankreich gegen Australien habe ich vergessen, andererseits ist das kulinarisch so eindeutig, dass die Nachfahren britischer Sträflinge mit ihrem Hang zu Ekelhaftigkeiten wie Marmite kulinarisch disqualifiziert werden. Wer mal einer Französin beim ersten Versuch, Marmite zu essen zuschauen will, klickt auf den Link oder schaut sich diesen Clip an: