(opa) An Stefan Raabs Hit und die darin gestellte Frage “Hadder denn da wat, und wenn ja, wat hadder da?” von vor einigen Jahren fühle ich mich im Augenblick erinnert, wenn ich an Hertha denke. Was wir haben, ist ein Team, was zu deutlich kleinerem Salär als vorher spielt und dabei durchaus attraktiveren und kämpferisch einwandfreien Fußball liefert, allerdings um den Makel, dass das Ergebnis nicht sonderlich besser ist. Man krebst nur schöner herum, würden Spötter sagen. Es ist eine Frage der Zeit, bis sich der Erfolg einstellt, sagen die Optimisten. Und Heiner Müller sagt ganz zotig: “Optimismus ist nur ein Mangel an Information”.
Nach Spieltag 9 lügt die Tabelle nicht mehr, Hertha kommt ergebnistechnisch nicht wirklich vom Fleck, das frühe Pokalaus tut auch finanziell weh und egal, wie das nächste Spiel in Leipzig ausgeht, darf man konstatieren, dass Hertha abermals einen Fehlstart hingelegt hat. Man ist zwar fünf Spiele ungeschlagen, aber man hält dennoch engste Tuchfühlung auf die Abstiegsränge und schafft es nicht, sich selbst mit einem Sieg und damit wichtigen Punkten zu belohnen. 8 Punkte aus 9 Spielen werden als Schnitt am Ende nicht reichen und das dürfte irgendwann auch auf der Fußballerseele als schwere Hypothek liegen, denn die Spielweise von Trainer Schwarz ist kräftezehrend und braucht körperliche, aber vor allem auch geistige Fitness.
Dazu kommt, dass der zweite Anzug von übersichtlicher Qualität ist. Wenn man Selke und Boateng einwechselt, kann man von “Nachlegen” kaum sprechen. Boateng zieht gefühlt mit der ersten Ballberührung eine gelbe Karte und Selke fällt selbst im Mittelfeld bei der leichtesten Berührung wie ein sterbender Schwan, so dass es vorn bei richtigem Feindeinschlag keine Entscheidung zugunsten von Hertha gibt. Das ist einerseits Folge einer strikten Sparpolitik, die andererseits durch fatale Fehlentscheidungen des Vorgängers von Bobic beinahe zwingend notwendig geworden ist. Dass man sich zudem mit einem als windig bekannten Investor eingelassen hat, vereinfacht die Rahmenbedingungen nicht.
Und so stellt sich die Frage, was sich denn für Alternativen ergeben. Zum jetzigen Zeitpunkt kann man keine neuen Spieler verpflichten, den Trainer in Frage zu stellen, scheint mir auch nicht der richtige Weg. Also bleibt ja fast nur eine Mischung aus weiterem Ausfeilen der mannschaftlichen Leistung durch taktische Schulungen, Mental- und Fitnesstraining sowie Zweckoptimismus, dass früher oder später (besser früher) der Bock umgestoßen wird. Dass sich Geduld und Beharrlichkeit langfristig auszahlen, zeigt das Beispiel Tousart, der mittlerweile angekommen zu sein scheint und bärenstark auftrumpft, das Spiel eröffnet, schnell macht, gute Pässe spielt, körperlich robust kämpft und ein gutes Auge für das Spielgeschehen hat. Kurz gesagt, Tousart reift so langsam zum kompletten Spieler, der allerdings im Idealfall einigermaßen kostenneutral wegtransferiert wird, denn Tousart dürfte vollständig aus dem derzeit geltenden Gehaltsrahmen bei der mal wieder klammen, alten Dame fallen.
Denn zu den aktuellen Problemen schlummern in einer sehr seichten Sandbank weitere Gefahren für den immer noch nicht flotten Dampfer. Die Rückzahlung einer 40 Mio. € Anleihe wird nächste Saison fällig, dazu kehren mehr mit Krampf verliehene Spieler zurück, die den Gehaltsrahmen sprengen. Unter diesen Umständen macht sich nicht nur jeder Fehlgriff bei Transfers doppelt schmerzhaft bemerkbar, jeder Punkt und jeder Cent Fernseh- und Sponsoreneinnahmen zusätzlich werden dringend benötigt, weshalb die Ergebnisse schlicht besser werden müssen.
Bleibt also das Hoffen auf ein Wunder und der Glaube an die Barmherzigkeit des Fußballgotts, wobei letzterer in Sachen Hertha bislang meist eher als Sadist aufgetreten ist. Fußballfandasein hat eben dann doch etwas (pseudo)religiöses, in dem Glaube manchmal stärker ist als Wissen, in dem Eifer so manchen über die Stränge schlagen lässt und wo wir am Ende dann doch nicht genau wissen, was uns erwartet. Nur gibt es weder Marienanbetung noch das Sakrament der Beichte, nur manchmal (Weih-)Rauch und (Oster-)Feuer während der Andacht. Dafür reichlich viele Häretiker. Für jeden was dabei und jeder darf für sich die Frage beantworten, “wat hadder da”.
Gelobt sei der Herr, äh die Hertha, HaHoHe, Euer Opa