Veröffentlicht am Kategorien 1. Bundesliga, 2022, Allgemein, Spieltag

The day after

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(opa) Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber Fußball im Allgemeinen und Hertha im Besonderen läuft derzeit bei mir auch emotional nur nebenbei. Schon seit Wochen suche ich mir bewusst Aufgaben, die ich während des Spiels erledigen kann, damit ich am Ende wenigstens mit einer Sache die Zeit sinnvoll verbringe. Gestern habe ich mich nebenbei der Heimwerkerei gewidmet, gesägt, geschliffen, gebohrt und geschraubt, was mich auch vom sich immer dramatischer entwickelnden Weltgeschehen ablenkt.

Das Spiel sah wie so oft in letzter Zeit über eine ganze Weile gar nicht so schlecht aus, wie es das Ergebnis ausdrückt, das nutzt nur nichts, wenn Hertha am Ende ohne zählbares da steht. Wie ein Wunder mutet es an, dass man immer noch auf keinem Abstiegsplatz steht, aber das darf niemanden in Sicherheit wiegen. Die Fehler und Fehleinschätzungen aus Saison- und Rückrundenvorbereitung und Personalplanung summieren sich nun zu einem unentwirrbar scheinenden Knoten auf.

Man kann natürlich die coronabedingten Ausfälle anführen, aber selbst mit voller Kapelle waren die Ergebnisse ja kaum besser. Und egal, wer auf dem Platz steht, am Ende fehlt die Kraft, dem Gegner etwas entgegenzusetzen. Das hängt auch mit dem eher kraftraubenden Spiel zusammen. Konter können nicht zum erfolgreichen Abschluss gebracht werden, weil zu wenig und zu langsam nachgerückt wird. Dieses Nachrücken ist erforderlich, weil man zu oft in Räumen steht, die viel Laufarbeit in der Umschaltbewegung erforderlich machen. Kein Wunder, dass viele Spieler spätestens Mitte der zweiten Halbzeit nicht mehr können und verzweifelt zur Bank schauen, um zu schauen, ob man sie erlöst.

Wer sich so mit sich beschäftigt, ist nicht mehr in der Lage, ein Fußballspiel über die Zeit zu bringen. Die letzten beiden Spiele haben gezeigt, dass die Fitness mindestens genauso schlecht ist wie die Taktik, mit der die Spieler von Trainer Korkut ins Spiel geschickt werden, der immer noch Spieler auf Positionen besetzt, die sie nicht optimal ausfüllen. Aus Serdar wird kein Flügelspieler mehr und die Stürmer hängen ohne Bindung zum restlichen Team im (nutz-)leeren Raum.

Die Rückrundentabelle sieht nach 7 Spieltagen Hertha auf dem letzten Platz. Nicht abgeschlagen wohlgemerkt, das ist die einzig positive Nachricht. Noch kann man sich aus dem Schlamassel ziehen, wenn man denn mal wieder punktet. Die Ersatzleute, die die coronaerkrankten Spieler ersetzen müssen, machen das zum Teil auch sehr, sehr gut, alles voran Linus Gechter, der heute volljährig geworden ist (wozu wir herzlich gratulieren). Aber auch Marcel Lotka hat eine ordentliche Partie geliefert. Lotka soll jedoch zum Saisonwechsel bereits in Dortmund unterschrieben haben, weil er hier in Berlin tendenziell eher keine Perspektive sieht.

Lotka, der einst auf Drängen von Ex-Torwarttrainer Zsolt Petry geholt wurde, hätte den Elfmeter fast abgelenkt, es sah so aus, als wäre er mit den Fingerspitzen dran gewesen. Als Torhüter kannst Du beim Elfer ja ohnehin fast nur gewinnen. Den Rest der Partie versuchte er, die Vorderleute zu ordnen, die dann doch zu oft insbesondere Flanken zuließen, so dass man sich fragen muss, wo denn die Außenspieler in der Zeit beschäftigt waren. Denn Freiburg war nicht der Übergegner und zeigte sich durchaus verwundbar. Aber die Freiburger haben gestern mehr richtig als falsch gemacht, was durchaus auch an den Einwechslungen lag, die Trainer Streich vornahm. Seine Joker stachen, unsere nicht.

Der Auftritt von Manager Bobic im Dopa ließ schlussendlich mehr Fragen offen als beantwortet wurden. Selbstkritik in Sachen Kaderplanung war nicht zu vernehmen, stattdessen eher branchenübliche Phrasen in so einer Situation sowie kryptische Andeutungen über das Nichtverkraften des Umbaus in der Vereinsspitze. Wen oder was genau er meint und was seine Rolle dabei ist, ließ er offen wie ob seine Forderung “Es gibt Egoismen. Es wird jetzt härter. Wer nicht voll mitzieht, der hat ein Problem.” auch für ihn gilt. Der Frage, ob sein Vertrag auch für Liga 2 gelte, wich er in gewohnt eher dünnhäutiger Art und Weise aus. Was soll er aber auch sagen? Das Kind ist ja schon halb im Brunnen.

Wer noch ein wenig Extrademütigung braucht, der kann sich bei Hertha ein 5 Spiele Paket incl. Derby für die letzten Heimspiele sichern. Man darf gespannt sein, ob sich genügend Leidensbereite finden, sich das unter den jetzigen Rahmenbedingungen anzutun. 44.000 Zuschauer sind angepeilt, das liegt knapp unter dem Schnitt der Vorcoronazeit. Das Derby wird sicher ausverkauft sein, bei den restlichen Spielen werden sich vermutlich nicht wenige Fans als graue Schalensitze verkleidet ins Stadion begeben. Maske tragen ist übrigens immer noch Pflicht wie die Einhaltung von 2Gplus Regeln.

Ich würde gern mehr Zuversicht für Hertha ausdrücken, ich kann es aber nicht. Diese Hertha kann eigentlich nur noch ein Wunder und die vage Hoffnung retten, dass sich drei schlechtere Vereine finden. Kaum zu glauben angesichts der letzten Vorstellungen. Aber vielleicht finden wir ja hoffnungsvoll stimmende Aspekte in Euren Kommentaren.

Gebt auf Euch acht, bleibt gesund und betet für diejenigen, die unter dem schrecklichen Krieg zu leiden haben.

HaHoHe, Euer Opa

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