Veröffentlicht am Kategorien 1. Bundesliga, 2021, Allgemein

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(opa) …es ist Derby und alle reden von Corona. So ging es mir, als ich heute früh in den Blog schaute, nachdem ich gestern mal wieder einen Tag auf Deutschen Autobahnen verbrachte und mich schon mal wegen der bevorstehenden Elektromobilität an häufigere Zwischenstops gewöhnte, weil mein Auto 100 km nach dem Tanken Ad Blue verlangte und 100 km weiter Öl nachgefüllt haben wollte. Die Reise wird zum Ziel. Wobei es in Deutschland Ziele gibt, an denen einen Berliner Herzlichkeit entgegenschwallt. So am Montag, als ich mit einer medizinischen Maske in Bayern versuchte, mir beim Bäcker ein Brötchen zu kaufen und man mich anranzte, dass ich gefälligst eine FFP2 Maske aufzusetzen hätte. Ich fühlte mich ob der schroffen Ungastlichkeit wie daheim in Berlin, als seinerzeit noch DJs auf den U-Bahnhöfen mit einem “mit det Fahrrad nüsch in den ersten Wajen!” begrüßten.

Und das Derby? Ja, das findet auch noch statt und zwar vor vollem und vermutlich ausverkauftem Haus. Ich sehe das mit rheinischer Gelassenheit: Wer hingehen mag, soll hingehen. Wer daheim bleiben will, soll daheim bleiben. Es gibt für beides gute Argumente, aber kein objektiv “richtig” oder “falsch” hinsichtlich dieser Entscheidung, die jeder für sich treffen sollte. Spannend wird sicher zu beobachten sein wie die Zu- und Abfahrt und die Einlasskontrollen organisiert sein werden. Da gab es “im Wald” immer Gedränge, Geschubse und überfüllte Sonderzüge, in denen man wie Schlachtvieh in Massentierhaltung behandelt wurde.

Und da es mal wieder ungemütlich kalt draußen ist und sich meine Lust auf solcherlei Behandlung ob meines mittlerweile doch voranschreitenden (aber sich immer noch jugendlich anfühlenden) Alters in überschaubaren Grenzen hält, werde ich vermutlich das Derby vor der Glotze verfolgen und mich fragen, warum mich das mittlerweile so kalt lässt, was mich doch eigentlich elektrisieren müsste. Corona allein ist als Erklärungsansatz kaum ausreichend, aber sicher auch nicht förderlich.

Da mietet unser Verein, der sonst nicht müde wird zu betonen, dass man auch nach der 374 Mio. € Zuwendung kein Geld hat, Plakatflächen vor dem gegnerischen Stadion, die man dann aussehen lässt wie eine Vielzahl Berliner Stromkästen (die in Wahrheit oft Lager für Briefträger sind) und man fragt sich, was man damit wohl bezwecken möchte welchen Sinn das ergeben soll? Aufmerksamkeit hat unser Verein genug, Feuer sollte das Derby allein genug haben, aber vielleicht war dann doch einfach nur Geld da, was weg musste. Ob nach dem Derby für die zu erwartenden Geldstrafen wegen Seenotübungen auch das Geld da sein wird? Vermutlich werden die Verantwortlichen wieder etwas sagen wie “nun können wir keinen Messi verpflichten, da müssen sich die restlichen Fans bei denen bedanken, die sich nicht benehmen konnten”. Vielleicht ist es diese ritualisierte Geschäftsordnung, die mich müde hat werden lassen.

Derby, das war früher ein Straßenfeger und hat regelrechte Massen mobilisiert. Mein Mobiltelefon stand in den Wochen davor selten still, jeder fragte mich, ob ich eine Möglichkeit hätte, Karten zu organisieren. Und diesmal? Nichts, still ruht der See. Wie ich in mir. Vielleicht bin ich zu ausgeglichen? Ich höre schon die Fragen wie “Was stimmt denn mit Opa nicht?” und möchte so etwas antworten wie “es ist alles in Ordnung”, aber nach einem Blick auf die Tabelle kann man das sicher nicht sagen, dass alles in Ordnung sei. Und vorm geistigen Auge sehe ich eine Person, die in einem Berliner Hotel eine improvisierte Pressekonferenz gibt und etwas wie “Hertha hat den Aufstieg von Union nicht verkraftet” sagt, obwohl doch viele überzeugt waren, dass uns das gut tun wird. Wie der VAR oder noch mehr Geld im Fußballsystem. Schönhamwas, oder?

Nun sind wir mittlerweile weder sportlich noch von den Mitgliederzahlen her die Nummer 1 der Stadt. Unser Kühne heißt Windhorst und scheint pleite. Mal ehrlich, welcher Investor hätte besser zu Hertha gepasst als genau dieser? Da bekommt auch der vorangestellte Zusatz “strategisch” eine ganz neue Bedeutung. Aber unser Langmut und unsere Erfahrung zeigen, dass Hertha auch dann noch graue Maus sein wird, während die Sternschnuppen der Stadt längst im ewigen Nichts verglüht sind. TeBe, Blauweiss, Tasmania & Co. spielen heute auf Plätzen, die für Fußballromantiker wie gemalt sind, wo neben einem jemand steht, der einem bratwurstkauend die Welt erklärt. Das gibt’s nicht mal bei Union mehr. Noch nicht, denn auch deren Höhenflug wird nicht ewig währen und eines Tages werden auch die die normativen Kräfte des Faktischen wirken.

Ein Abstieg, teure Verträge, ein abspringender Sponsor und schon ist ratzfatz die Lizenz weg. Das kennt man im Wald übrigens, weshalb man sich seinerzeit entgegen der Beteuerungen an “den Westen” in Person eines Sportrechtevermarkters namens Kölmel verkaufte. Da können sie singen, bis ihre Kehlen wund sind, der 1. FC Union ist genau die selbe Fußballhure wie alle anderen Vereine. Auf ihrer Brust prangt das Logo einer Immobilienbude, die Getränke sind von Coca Cola (geht es westlicher?), das Bier von Dr. Oetker (aus Bielefeld), das Trikot von Adidas aus Herzogenaurach im schönen Mittelfranken und der Starstürmer ist gebürtiger Reinbeker. Unsre Liebe, unsre Mannschaft, unser Stolz…

Und so kommt doch noch ein wenig Derbystimmung auf, weil wenn einem schon das, was der eigene Verein so macht, nicht gefällt, kann einem das, was der andere Verein macht, noch mehr missfallen. Aber zum Elektrisieren reicht’s nicht. Noch nicht, mal schauen, wie es am Samstag sein wird, wenn das vom Boulevard aus selbstverständlich reiner journalistischer Neutralität ins Feuer gekippte Benzin zündet. Es soll Samstag leicht regnen, da braucht es für feurige Derbystimmung halt dann doch Brandbeschleuniger.

Und falls wem “fad” ist wie einstmals Sissi beim “schrecklich vielen Regieren”, lässt sich ja noch über Corona diskutieren. Oder man drückt seinen Protest aus wie seinerzeit die venezianische Bevölkerung beim Besuch des Kaiserpaars und nötigt den Kaiser zur Feststellung “Dieses demonstrative Schweigen ist vernichtender als ein Attentat!”. Daher verneige ich mich nun vor meiner Leserschaft und trete schweigend ab.

Habe die Ehre, HaHoHe, Euer Opa

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