Veröffentlicht am Kategorien 1. Bundesliga, 2020, Allgemein

Demut und Demütigung

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(opa) War das ein Fest! Mit 4:0 fegte Hertha die Mannschaft vom südöstlichen Stadtrand aus dem leeren Olympiastadion und die blauweiße Gemeinde versank in Freudentaumel, man sehe mir nach, dass ich den Liveticker irgendwann nicht mehr fortführen wollte. Mir fehlten die Worte vor Glück.

Als die Mannschaft nach dem Spiel auf die leere Kurve zuging und sich dort symbolisch beim Publikum bedankte, ging mir durch den Kopf, was denn wohl gerade im Oly los wäre, wenn wir als Herthafans im Stadion gewesen wären. Der Kessel hätte gekocht vor Begeisterung und auf dem Heimweg hätten die Fans der Köpenicker, die ja auf den albernen Titel des Stadtmeisters so wert gelegt haben, die Schmach zu spüren bekommen, dass ihr Team gegen eine souverän auftretende Hertha zahn- wie chancenlos war.

Dabei sah es zur Halbzeit nicht danach aus, dass es so deutlich wird. Man ging torlos in die Katakomben, Hertha hatte ein paar mehr Chancen, aber im Wesentlichen neutralisierten sich die beiden Teams vor dem Seitenwechsel. Das änderte sich mit dem ersten Treffer, der wie eine Art Brustlöser wirkte und den Knoten platzen ließ. Man kam mit dem Ausschenken von Kurzen gar nicht hinterher.

Hatte das Team vor rund einem halben Jahr im Wald noch kläglich versagt, so sah das schon aus wie richtiger Fußball. Pässe in den Lauf statt in den Rücken, gemeinsame, temporeiche Bewegung, plötzlich sind Spieler anspielbar, sogar die Standards haben sich verbessert. Die Handschrift des neuen Trainerteams ist deutlich zu sehen und zeigt auch, dass die oft geführten Systemdiskussionen gar nicht so wichtig sind. Denn auch mit Viererkette geht offensiv attraktiver Fußball. Und Derbysieg.

Gibt es dennoch Anlass zur Demut? Auch wenn der Trainer uns noch im Abstiegskampf sieht, schauen einige Fans auf die Tabelle und prüfen schon einmal, ob der Reisepass noch gültig ist, denn Europa ist ebenfalls in erreichbarer Reichweite. Wenn wir diesen Schwung mitnehmen und uns von Rückschlägen nicht aus der Ruhe bringen lassen und wenn die anderen etwas Pech haben, dann könnte es attraktive Reiseziele in der kommenden Saison geben. Doch soweit sind wir noch nicht, denn dafür muss die Saison ja auch erstmal zu Ende gespielt werden.

Genießen wir also erst einmal die Demütigung, die wir den sich nicht vom Westen, aber von einem Unternehmer aus Karlsruhe kaufen lassenden Köpenickern zugefügt haben. Fahrt zur eisernen Tankstelle am Adlergestell und fragt, wie das Spiel ausgegangen ist. Grüßt Fans der Rostigen mit vier stolz in die Höhe gehobenen Fingern. Nach dem bisherigen Verlauf der Saison haben wir das verdient!

Am Mittwoch geht es für Hertha gegen die Sportabteilung eines österreichischen Brauseherstellers weiter. Da heißt es volle Konzentration, der schöne Bruno hat hoffentlich schon eine Idee, wie er die Mannschaft auf- und einstellt.

HaHoHe, Euer Opa

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