(opa) Während anderswo Fans vorwiegend über sportliche Aspekte ihres Lieblingsvereins debattieren, ist hier bei uns auch das Thema DFL Lizenz im Mittelpunkt der Betrachtung. Heute hat die DFL bekanntgegeben, dass sie keinem Bewerber die Lizenz der ersten 3 Ligen verweigert haben. Wer nun glaubt, dass weißer Rauch überm Friesenhaus aufsteigt, sollte sich gewiss sein, dass Hertha mindestens mal Auflagen, wenn nicht sogar Bedingungen erhalten wird. Und die dürften es in sich haben. Neben der Ablösung bzw. Verlängerung der Anleihe, wird man bei der DFL auch sehr genau hinschauen, wer bei Hertha mittlerweile das Sagen hat. Nachdem der Verein sich finanziell in eine nahezu ausweglose Situation manövriert hat, dürfte es Gremien außerhalb der von 50+1 Regelung geben, die über die Macht verfügen, über die sie nicht verfügen sollten. Die Grenze zwischen legaler normativer Kraft des Faktischen und Verstoß gegen die 50+1 Regel dürfte hauchdünn sein wie ein Stück Blattgold.
Es bleibt also trotz der positiv wirkenden Überschrift spannend, wie es bei Hertha weitergeht. Denn selbst wenn man die Lizenz erhalten bzw. etwaige Bedingungen erfüllen sollte, geht nach dem “Osterbeben” die Suche nach der zukünftigen Führungsstruktur weiter. Dass der Leiter des Lizenzspielerbereichs freiwillig gegangen ist, kann mittlerweile als nahezu ausgeschlossen gelten. Hier kam jemand seiner geplanten Demission zuvor und könnte für den geräuschlosen Abgang noch eine Abfindung kassiert haben. Zu sehr polterte es in den letzten Monaten hinter den Kulissen. Neben dem zu langen Festhalten an Trainer Fiel, ging es auch um einen möglichen Interessenkonflikt wegen der Beratungsfirma seines Sohnes, aber auch um Umgangstöne auf der Geschäftsstelle, die am einen “Späti” erinnert haben sollen.
Zusätzlich verdichten sich auch die Hinweise, dass in der Akademie zwischenzeitlich unzumutbare Zustände geherrscht haben sollen, die in den nächsten Jahren eine Lücke im Nachwuchs hinterlassen haben könnten. Kein Berliner Weg und keine glaubwürdige Nachwuchsarbeit wird ohne Akademie funktionieren, die unter dem Abstieg ohnehin schon zu leiden hat, weil Hertha hier nicht mehr zu den ersten Adressen gehört. Hochbegabte Spieler werden sich eher anderweitig orientieren, wo es zumindest die Chance gibt, gleich erstklassig in den Männerfußball einsteigen zu können. Im Nachwuchsbereich ist die Schlangengrube Profifußball eben auch vorhanden und erinnert ob der vielen Gelder an die Tulpenspekulation im frühen 17. Jahrhundert in den den Niederlanden. So sehr, dass es nicht wundern sollte, wenn nicht hinter den Kulissen längst Leerverkäufe stattfinden und auch alle anderen Spekulationsinstrumente zur Anwendung kommen. Wenn ein Spieler short geht, muss sich das nicht zwingend auf seine Schritte auf dem Fußballplatz beziehen.
Apropos Spekulationen: Ex-Herthaner Matheus Cunha soll nach entsprechenden Gerüchten vor einem Wechsel zu Manchester United stehen und 73 Mio. € Ablöse im Vertrag stehen haben. Sollte es zu dem Deal kommen, rutscht Cunha in die Top 10 der transfererlösreichsten Spieler auf, nur 7 Spieler hätten mehr Ablösen im Laufe ihrer Karriere eingebracht. Cunha hätte dann mehr Ablöse generiert als Griezman, Mbappé oder Ibrahimovic. Man bedenke, dass der damalige Trainer Dardai Cunha als Spaziergangs-Modus-Fußballer bezeichnet hat. Das deutet an, welche tiefgreifenden strukturellen Probleme bei Hertha in der sportlichen Führung bestehen, immerhin ist Dardai immer noch für den Verein als Scout für Osteuropa tätig. Auch wenn es zuletzt nur für Reisen in den Nahen Osten reichte, wenn man Köpenick entsprechend verorten möchte.
Hertha blickt derweil einem ziemlich öden Saisonende entgegen. Nach unten ist man mit 11 Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz safe, nach oben geht allerdings realistisch kaum noch etwas, zumal sich der Aufwärtstrend nicht ganz so souverän fortsetzt wie er begonnen hat. Das Spiel in Ulm war dann doch eine ziemliche Zitterpartie, die man am Ende zwar mit dem Momentum und richtigen Einwechslungen gewann, aber den Tabellenvorletzten alles andere als im Griff hatte. Zu sehr schien über weite Teile der ersten Halbzeit eine laxe Einstellung wie “ist ja nur Ulm” zu herrschen, zu sehr merkte man, dass Maza als Ballverteiler fehlte.
Dass der “heilige Fabian” zwei Tore schoss und damit den Sieg vorbereitete und dann Niederlechner kurz vor Ende den Siegtreffer erzielte, ist so erfreulich wie die Tatsache ernüchternd ist, dass beide Spieler vermutlich zum Saisonende gehen werden. Trübe Gedanken, die den Ausblick auf den in der kommenden Spielzeit zu erwartenden Spielspaß bedräuen. Von dem derzeit positiven Momentum wird am Ende wenn überhaupt nur wenig bis nichts übrig bleiben. Harte Zweitligakost mit engem Spargürtel verspricht Fußball zum Abgewöhnen. Dass man auch nur mit derselben dünnen Wassersuppe wie all die anderen Vereine in der Zweitklassigkeit wird kochen müssen, dass man weiter wird sparen müssen, wo es quietscht, nicht nur bei Spielern, sondern auch bei Funktionären und auf der Geschäftsstelle, ist die hässliche Kehrseite.
Es sind nicht die Stadien oder fehlender VAR, die Arbeitsplätze kosten, es ist sportlicher Misserfolg und schlechtes Management, die die Ursachen dafür setzen. Aber wir wären nicht Hertha, wenn wir uns davon beirren lassen würden. Wer zwei Weltkriege, den Untergang des Kaiserreichs, der Weimarer Republik und des Dritten Reichs, wer Teilung, Blockade und Mauerfall, die Wandlung Berlins zur zwischenzeitlich hippsten Stadt der Welt überlebt hat, den schrecken auch düstere Aussichten nicht. Berlin und seine grauen Schattenseiten konnte man immer auch riechen, sei es der Bremsgeruch der alten S-Bahnen, sei es das Pennerpipi am Bahnhof Zoo oder eben die Lindenblüten des Tiergartens im Sommer, wir Berliner lassen uns nicht unterkriegen.
Wer auch immer demnächst sportlich Verantwortung übernimmt, dem sei Glück gewünscht, er wird es genau wie der nächste Papst brauchen. Schauen wir mal, wo in dieser Angelegenheit früher weißer Rauch aufsteigt, ob über der sixtinischen Kapelle oder über dem Friesenhaus. Immerhin hat man an den nächsten sportlich Verantwortlichen nicht den Anspruch an die Unfehlbarkeit und er bekommt auch keinen Fischerring, obwohl Berlin eine Wasser- und Fischerstadt ist und einen Pontifex allein schon wegen der maroden Brücken gut gebrauchen könnte. Da braucht Berlin ein ähnliches Wunder wie die Hertha, wenn man wieder erstklassig sein will. Und durch Wunder lebt man ewig. Hoffen wir das Beste.
HaHoHe, Euer Opa