(opa) Nun hat man Trainer Fiél doch noch entlassen. 21 Ligaspiele, nachdem man ihn gegen Ablöse verpflichtet hat, bekommt er seine “Papiere” und darf selbige in Form von Geld noch bis zum Ende der Vertragslaufzeit zählen. Das mag branchenüblich sein, einen Trainer, der von den letzten 5 Spielen 4 verloren hat, vor die Tür zu setzen. Im speziellen Fall geht damit allerdings auch das Eingeständnis einher, dass man den eingeschlagenen Weg als gescheitert anerkennen muss, mit attraktivem Fußball erfolgreich zu spielen. Gerade bei den beiden letzten Spielen fehlte es am Erfolg und Trainer Fiél sagte es selbst im Interview, bei seiner Rückrundenbilanz habe er keine sonderlich guten Argumente mehr.
Dabei stellt sich die Frage, was ein neuer Trainer denn anders machen kann. Der Kader ist eher unrund zusammengestellt, in jedem Mannschaftsteil ist man alles andere als optimal aufgestellt, in jedem Mannschaftsteil gibt es eklatante Defizite. Nun mag ein guter Trainer das zu einer funktionierenden Einheit formen können, aber neben der Frage, weshalb ein guter Trainer bei Hertha andocken wollen sollte, muss man auch die Frage stellen, ob die Zeit dafür reicht und wo die Grenzen des machbaren sind? Auch ein großer Meister kann aus einem Stein kein Brot backen.
Herthas sportliche Aufgabe für den Rest der Saison wird sein, den Klassenerhalt sicherzustellen. Alles andere ist illusorisch. Am Saisonende wird ein XXL-Umbruch im Kader fällig. Nahezu alle Talente und die, die sich für welche halten , werden Hertha den Rücken kehren. Oder kehren müssen, weil Hertha sich als endgültig im Sumpf des Unterhauses angekommener Verein sie sich schlicht nicht mehr wird leisten können. Ein Mix aus ambitionierten Akademiespielern und ein paar altgestandene Haudegen mit Stärken, aber auch Schwächen, wird nach jetziger Einschätzung den Kader der kommenden Saison bestimmen. Das wird kaum runder als diese Saison, zumal man dank individueller Stärken von Einzelspielern das Nichtfunktionieren des Kollektivs übertünchen kann.
Wobei einiges, was die “Unterschiedsspieler” zuletzt gezeigt haben, auch eher nach Rummelboxen denn nach Profi aussah. Reeses Flanken und Torschüsse ins Nirgendwo werden dem Anspruch, den er an sich selbst hat, nicht gerecht. Und er schwächt in gewisser Art und Weise das Team, weil alle irgendwie lange Bälle nach vorn links schlagen in der Hoffnung, dass Reese irgendwie übers Wasser laufen kann. Mit variablem und für den Gegner schwer ausrechenbarem Spielaufbau hat das eher weniger zu tun. Ein one trick pony, so talentiert es auch sein mag, ist im Mannschaftssport bisweilen kontraproduktiv.
Gerüchten zufolge hat die sportliche Leitung sich wohl auf Leitl eingeschossen. Das wäre allerdings nach Fiel noch ein Kumpel des Direktors des Lizenzspielerbereichs, der es sich im blauweißen Filz bequem machen kann. Weder Sportdirektor noch der besagte Direktor zeigen so etwas wie Selbstkritik, zumindest öffentlich ist davon nichts zu vernehmen. Dass man öffentlich noch unlängst sagte, man stehe voll hinter Fiél, macht das Ganze nicht glaubwürdiger und lässt einen auch überaus skeptisch in die Zukunft blicken, zumal auch das Team nunmehr nur noch aus Individualisten bestehen dürfte, die alle ihren Hintern retten und möglichst teuer verkaufen wollen.
Über all dem thront ein Präsidium, was fleißig den Filz, in dem man sitzt, mitgewoben hat. Man hat kurz vor der MV ohne Not die Verträge mit Neuendorf und Weber verlängert, die Kritik daran eher pseudoglaubwürdig angenommen und nun, wo man doch endlich auf dem Berliner Weg wenn schon nicht in Richtung sportlicher Höchstleistungen, aber doch wenigstens der Konsolidierung kommen wollte, entlässt man den Trainer, der noch lange auf der Payroll stehen wird und muss einem Nachfolger mindestens mal einen Extraobulus bezahlen, damit er sich erbarmt herzukommen. Dass man vor kurzem noch einen Co-Trainer verpflichtet hat, spricht auch nicht für die Glaubwürdigkeit des Konsolidierungswillens wie die bislang nicht kommunizierte Beförderung von Allagui zum Assistenten der sportlichen Leitung und die zusätzliche Einstellung eines Teammanagers, der Aufgabe, für die man Allagui einst als Funktionär geholt hat.
Diese Vereinsführung hat viel an Vertrauen verspielt und es wird mehr als nur den Klassenerhalt brauchen, um das wieder zu kitten. Vermutlich wird auch das nicht ohne personelle Veränderungen gehen. Herthas Führung hat sich eine Komfortzone geschaffen, die nicht sonderlich leistungsfördernd zu sein scheint. Das wirkt nach innen stärker, als ihnen bewusst zu sein scheint, denn auch das operative Personal agiert entsprechend. “Denn sie wissen nicht, was sie tun” war der Titel eines Films mit James Dean, da geht es auch um eine Mutprobe, wo zwei Halbstarke auf eine Klippe zurasen und dabei einer der beiden den Tod findet. Der Film hat kein Happy End und passt vielleicht deshalb gerade sehr gut zu unserer Hertha.
HaHoHe, Euer Opa