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Das hat ein Nachspiel…

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(opa) Das gestrige Spiel bringt einen in der Nachbetrachtung schnell an den Rand der Phrasendrescherei wie “Mund abputzen” oder “Am Ende zählt das Ergebnis” (als gäbe es eins vor dem Ende). Hertha tut sich weiter schwer gegen tiefstehende und diszipliniert verteidigende Mannschaften und man muss kein Prophet sein, dass dieses Problem im Laufe der Saison und bei weiteren kolportierten Abgängen von Kreativspielern und Leistungsträgern wie Reese oder Kempf kaum behoben werden wird. Andererseits muss man sagen, dass diese Spieler in der Mannschaftsdynamik eben auch einen Schiefstand verursachen können, der schwer zu managen ist. Dennoch wusste jeder, dass der Tag kommen könnte, dass Hertha ein Angebot erhält, welches man kaum ablehnen kann und der Spieler eben auch die Herausforderung Erste Liga annehmen möchte.

Wie oft haben wir uns die Haare in der Vergangenheit gerauft, weil Hertha Leistungsträger nicht auf dem Peak verkauft hat und die sich dann hier in die Hängematte gelegt haben. Plattenhardt zum Beispiel hätte man nach dessen Erfolg im Confed Cup verkaufen können, vielleicht sogar verkaufen müssen. Zum vielbeschworenen Berliner Weg der Sanierung gehört am Ende eben auch wirtschaftliche Vernunft walten zu lassen und nicht Top-Verdiener mehr oder weniger gegen deren Willen zu beschäftigen, hinter denen sich dann andere verstecken. Soziale Gruppen funktionieren manchmal nicht rational, die Widersprüchlichkeit des Menschen bildet sich in der Interaktion mit seinem Umfeld ab.

Das Spielglück war gestern jedenfalls auf der Seite der alten Dame, die spät und mit gütiger Mithilfe von Gegner und Schiedsrichter den Bock umstieß. Vor der 90. Minute war das im wesentlichen eine recht unansehnliche Rasenschachstümperei, die durch das Eigentor von Felix Gebhardt (durch Maza erzwungen) entschieden wurde. Entscheidend in Szene setzen können hätte sich der Neuzugang Schuler, der das Leder in der 4. Minute kunstvoll in Höhe vom Elfmeterpunkt übers Tor der Regensburger drosch. Die Grenze zwischen Held und Depp ist bisweilen dünn und Schuler wird weiter daran arbeiten müssen, nicht in den Fußstapfen von Wichniarek, Wagner oder Rob Friend zu wandeln.

Die eigentliche Problemstelle Herthas könnte aber tatsächlich die Defensive werden, vor allem, wenn Kempf den Verein noch verlassen sollte. Fiels eher offensiv ausgerichtete Spielweise lädt den Gegner zu Kontern ein und wenn man dann hinten wackelt und vorn seine Chancen nicht nutzt, wird es halt schnell ungemütlich. Doch der Schiedsrichter half auch mit und schickte in der 76. Minute Ouro-Tagba nach Foulspiel an Niederlechner mit glatt rot in die Kabine, eine Entscheidung, die wohl viele nicht ganz nachvollziehen konnten, die Hertha aber half, etwas Raum und letztlich das Spiel zu gewinnen.

Ansonsten hilft nur Phrasendrescherei: Das Beste am Spiel dürfte das Ergebnis gewesen sein. Wenn man aufsteigen will, muss man solche Spiele gewinnen. Drei Punkte und gut. Arbeitssieg. Das Glück ist mit den Tüchtigen… Denkt Euch einfach die schönsten Phrasen dazu.

Positiver Nebeneffekt ist, dass das Trainerteam nun in Ruhe an den Schwachstellen arbeiten kann, die u.a. in einer gruseligen Verwertung von Standards liegen. Warum man ausgerechnet dafür einen Trainer beschäftigt, der das selbst nicht gut konnte, wird auf ewig das Rätsel des derzeitigen Managements von Hertha sein. Vielleicht beschäftigen wir demnächst Ronny als Ernährungsberater und Pantelic könnte man auch als Disziplincoach einstellen, das würde dann einer stringenten Linie folgen.

Nächsten Samstag geht’s auf den Betzenberg gegen die roten Teufel, gegen die wir den Traum vom Pokalfinale im eigenen Stadion begraben mussten. Da ist also noch eine Rechnung aus der letzten Saison offen. Laut Tabelle zudem ein echtes Spitzenspiel. Auf den Rängen werden sicher wieder einige Fans aus Karlsruhe die Fanfreundschaft leben und ihre Lokalrivalität gegen die Pfälzer ausleben. Und um meinem Bildungsauftrag gerecht und etwas Klugscheisserwissen los zu werden, sei an dieser Stelle erwähnt, dass die Rheinpfalz in Folge des Wiener Kongresses bis 1946 zu Bayern gehörte, die das Gebiet Im Vertrag von München als Ausgleich u.a. für den Verlust von Salzburg und dem Innkreis erhielten. Demzufolge kann man also auch in K-Town das “Zieht den Bayern die Lederhosen aus”-Lied anstimmen und die pfälzischen Dödels dürften das aus Unkenntnis der eigenen Historie sogar mitsingen.

Und wenn man schon keine drei Punkte mitnehmen sollte, kann man dort wenigstens kulinarisch etwas erleben, von Weinbau und gutem Essen versteht man in der auch landschaftlich reizvollen Pfalz etwas.

Kommt gut durch den Sonntag, genießt am Montag das Gefühl als Spieltagssieger zur Arbeit zu gehen und bleibt uns gewogen, HaHoHe, Euer Opa

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