Veröffentlicht am Kategorien 2. Bundesliga, 2024, Allgemein, DFB Pokal, Spieltagsnachlese

Serienmarathon oder Binge-Watching?

253 Kommentare lesen

(opa) Niederlage, Unentschieden, Sieg. Optimisten könnten in diesen Saisonauftakt einen Trend deuten und so kann es gern in Serie weitergehen. Das “Binge-Watching” ist ja im Zeitalter von Netflix&Co. schwer in Mode und kaum jemand von uns hätte etwas dagegen, wenn Hertha mit diesen Ergebnissen durch die Saison pflügen würde. Ob das Spiel gegen Hansa Rostock aber ein echter Gradmesser für die Entwicklung des Teams im Hauptwettbewerb ist, werden wir bereits am Wochenende sehen, wenn Aufsteiger Regensburg ins Olympiastadion kommt. Ein Sieg könnte das Team stabilisieren sowie für Ruhe und Selbstvertrauen sorgen, welches im Pokalspiel phasenweise abhanden kam, als man in der durchaus attraktiv anzuschauenden Vorwärtsbewegung immer wieder mal in gefährliche Konter lief, die meist wegen des Rostocker Unvermögens konsequenzlos blieben.

Meist nur deshalb, weil der für den Pokal eingwechselte Marius Gersbeck sich leider einen dicken Klops leistete, mit dem er zum ersten Gegentreffer der Rostocker seit 17 Jahren auflegte. Ob das in den Statistiken als Scorerpunkt zählt? Die Debatte, inwiefern ein Torwartwechsel zwischen den Wettbewerben sinnvoll ist, dürfte durch die gestrige Leistung erneut entfacht werden. Und es zeigt wieder einmal, wie dünn die Grenze zwischen Elite und Kreisklasse bisweilen sein kann, wenn man im Kopf nicht frei ist. Während Gersbeck das Negativbeispiel dafür lieferte, war es gestern der vormals vielgescholtene Scherhant, der das positive Beispiel abgab. Er war auffällig gut, hatte entgegen seiner sonstigen Gewohnheiten ein Auge für seine Mitspieler und schoss am Ende der ersten Halbzeit ein wichtiges Tor. Auch hier darf gerne ein Serienmarathon daraus werden.

Positiv fiel auch Maza auf, der in Kombination mit Demme das Berliner Angriffsspiel orchestrierte. Da könnte etwas zusammenwachsen im Berliner Mittelfeld, was auch nach der Rückkehr von Heilsbringer Reese Bestand haben könnte. Auch Zeefuik war positiv auffällig, wenngleich er defensiv kaum ernsthaft gefordert wurde. Tabakovic hing – wie so oft – in der Luft und versuchte, als Wandstürmer irgendwie Bälle festzumachen. Ein Schicksal, was er mit vielen Herthastürmern teilt, die ebenfalls mangels Flanken selten ein gutes Bild abgaben.

Ansonsten gab es genügend Phasen, wo sich diejenigen, denen Hauthaar verblieben ist, selbiges hätten raufen wollen. Da wären zum einen die Ecken und Standards, an denen man die Handschrift des neuen Standard- und Eckentrainers erkennt und die immer lauter die Frage aufwerfen, ob man nicht auf die Ausführung einer Ecke verzichten kann, weil ein Abstoß des Gegners meist ungefährlicher ist als die eigene Ecke. Neu ist immerhin, dass neben den Zeichen “ein Arm bedeutet, dass der Ball vor, zwei Arme, dass der Ball hinter dem Tor ins aus geht” nun der Eckenschütze die Arme kreuzt, was offensichtlich bedeutet, dass der Ball unerreichbar für Gegner und eigenes Team über den Strafraum hinaus ins Seitenaus geht. Fortschritt zum Anfassen.

Zum anderen erkennt man die Spielidee des Trainers, hoch stehenden, laufintensiven Ballbesitzfußball, es scheitert aber nicht selten an der Umsetzung und die Ballverluste in der Vorwärtsbewegung sind aufgrund des kollektiven Aufrückens zum Teil brandgefährlich. Man wandelt mit dieser Spielidee auf einem schmalen Grat, der zum Erfolg verdammt ist. Wenn das schief geht, werden sehr viele Fragen laut werden, u.a. die, weshalb man angesichts der finanziell prekären Situation ein derart hohes wirtschaftliches Risiko und eine sich vom ausgerufenen Berliner Weg entfernende Strategie eingeschlagen hat. Die Kadergröße passt zudem weiter nicht zum ausgerufenen Sparzwang.

Auf den Rängen blieb es, soweit man das aus der Ferne beurteilen kann, angesichts der Brisanz und der Vorgeschichte vergleichsweise ruhig. Ruhe ist diesbezüglich auch am Wochenende angesagt, auch wenn für die Regensburger Fans das Berliner Bier bzw. das, was im Oly ausgeschenkt wird, eine Art Kulturschock darstellen dürfte. Die Serie der Herthasiege darf dennoch am Wochenende starten, das gestrige Jubeln hat gut getan und war nicht nur für die Mannschaft, sondern auch für uns Fans ein Brustlöser.

HaHoHe, Euer Opa

253 Comments
neueste
älteste
Inline Feedbacks
View all comments