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Dabeisein ist alles?

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(opa) Fangen wir mal mit dem Bildungsauftrag an. Das den olympischen Spielen zugeschriebene Motto, wonach dabei zu sein alles sei, ist gar nicht das Motto der olympischen Spiele. Dieses ist seit 1894 vielmehr der lateinische Wahlspruch citius, altius, fortius – also schneller, höher, stärker. 2021 kam unter der Leitung von Bach noch communiter (gemeinsam) hinzu. Das mit dem dabei sein ist alles, wird zwar auch Coubertin (nach dem der Coubertonplatz am Olympiastadion benannt ist) zugeschrieben, das sagte er aber nur am Rande. Unklar ist, welches Motto sich unsere alte Dame zuschreiben lassen will. Wohl jeder wäre froh, wenn wir schneller, höher, stärker aus der Saison kämen. Und gemeinsam.

Wobei das mit der Gemeinsamkeit regelmäßig in Frage gestellt werden darf. Spätestens, wenn die Gremien neu zu besetzen sind, gehen sie los die Ränkespiele der Schlangengrube. Da werden dann Kandidaten für das Ehrenamt so lange nach Altlasten durchleuchtet, bis kaum einer ohne Makel ist. Und die Medien heizen diese Schlammschlacht wohl nicht ganz uneigennützig an und durchleuchten unter dem Deckmantel der Berichterstattung den einen oder anderen Kandidaten und dessen Vorleben. Diesmal gibt es (wohl nicht ganz ernstzunehmende) Gerüchte um eine Kandidatur Dardais, aber auch die eines Inhabers eines mittelständischen Autohauses, die sich beide ums Amt des Präsidenten bewerben sollen.

Es dürften also mindestens mal unterhaltsame Wochen bis zur Mitgliederversammlung werden und das sportliche Abschneiden bis dahin könnte ein stimmungsbeeinflussender Faktor werden. Man muss kein Prophet sein, dass für den Fall, dass man sportlich erfolgreich in die Saison startet, sich die bereits im Amt befindlichen Personen mit einem kräftigen “Seht her, alles richtig gemacht!” den Staub von den Schultern klopfen werden. Und falls das nicht gelingen sollte, wird man die Angriffsfläche damit zu schließen versuchen, dass man von schwierigen Rahmenbedingungen spricht, die man so gar nicht hätte ahnen können und in ähnliche bereits bekannte Argumentationsmuster fällt. Und wenn es eng werden sollte, wird jeder für sich das geistige Erbe des verstorbenen Präsidenten proklamieren. Hertha hatte schon immer ein morbides Verständnis von “Einigkeit”.

Wobei es bei der Saisoneröffnung am Sonntag einiger zugegangen sein soll als es die Stimmungslage in den Onlinecommunities vermuten lässt. Es wird sogar kolportiert, dass eine Hüpfburg aufgebaut worden sein soll. Wenngleich diese auch nie jemand gefordert hat, ist es doch positiv zu erwähnen, dass sich Hertha in Sachen Fannähe gewandelt und entwickelt hat. Wenngleich auch etwas Reibungswärme entstehen könnte, wenn die ersten Fans beim Schwarzfahren erwischt wurden, weil sie sich auf den über Jahrzehnte im Ticket enthaltenen Fahrschein verlassen haben, den man im Zuge des Dauerkartenverkaufs für diese Saison einkassiert hat. Im Handel würde man in einem solchen Zusammenhang von einer verdeckten Preiserhöhung sprechen.

Inwiefern nun deshalb mehr Fans mit dem Auto anreisen und wie sich das mit dem selbstgesetzten Ziel für mehr Nachhaltigkeit in Einklang bringen lässt, wäre eine von vielen passenden Fragen für die Mitgliederversammlung, zumal heute schon rund 3/4 des Fußabdrucks durch den Transport der Fans entsteht. Wie man es macht, macht man es vermutlich verkehrt. Isoliert auf die Vereinsfinanzen betrachtet ergibt dieser Schritt aber durchaus Sinn, da man an anderer Stelle aber die wenigen Millionen derart verplempert, gibt es derzeit keinen Grund, jemandem die Schultern zu polieren. 37 Spieler umfasst der Kader immer noch, 12 Zugänge stehen 7 Abgänge gegenüber. Wohlgemerkt bei einem Profiverein, der letzte Saison gerade so dem Lizenztod von der Schippe gesprungen ist und sich einen eisernen (darf man das schreiben?) Sparkurs verschrieben hat.

Dieser gilt vermutlich wie so oft aber eher für die anderen. Mal schauen, was der Bierpreis in dieser Saison sagt und ob man endlich die 5 € Grenze knackt. Ja, das mag viel Geld sein, andererseits ist das beinahe noch günstig gegenüber manchem Gastronomiebetrieb in der Stadt. Der neue Bierpartner spart jedenfalls auch, zumindest am Personal, denn es soll Selbstzapfanlagen geben. Mal schauen, wie vandalismussicher diese sind und wie lange sie in Betrieb sein werden und ob für diese auch das Motto “Dabeisein war alles” gilt oder ob sie ganz olympisch wirklich höher und vor allem schneller Bier ausschenken, was letztlich stärker wäre. Mögen die Spiele beginnen.

HaHoHe, Euer Opa

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