Veröffentlicht am Kategorien 2. Bundesliga, 2023, Allgemein, Länderspiel

Vienna calling?

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(opa) Ob der Weckruf des gestrigen Abends gehört wurde, an dem die einstmals stolze Nationalmannschaft unseres Landes sang- und klanglos ausgerechnet gegen Österreich unterging, darf angesichts der Entwicklung der letzten Jahre bezweifelt werden. Wenn Austausch von DFB Präsident, Teammanager und Trainer sowie zum Teil wilde Spielerrochaden keine Trendumkehr einläuten, dann dürfte der Wurm sehr, sehr tief im faulen Apfel eingedrungen sein. Die Verantwortlichen sind jedenfalls nicht zu beneiden und es zeigt sich, dass auch der größte Haufen talentiertester Einzelspieler nichts zählbares auf den Platz bekommt, wenn sie nicht als Mannschaft operieren.

Und so taumelt der Deutsche Fußball auch unter Trainer Nagelsmann und Interimsmanager Völler dem Abgrund entgegen. Wenn in der Weltrangliste Nationen wie Kroatien, Marokko, die Schweiz, Belgien, USA oder Mexico vor dem vierfachen Weltmeister stehen, der vermutlich derzeit auch von Liechtenstein und Andorra verdroschen würde, dann wäre es einmal hilfreich, wenn wenigstens Einigkeit darüber bestünde, dass man mitten in der Krise steckt. Der DFB wird sich zudem nicht mit Geld aus dieser Krise manövrieren können, denn das hat man nach diversen Skandälchen und Skandalen schlicht nicht mehr, die Vereine sind auch zu größeren Zuwendungen kaum mehr bereit.

Bliebe also, die Spieler bei der Ehre zu packen, doch wo soll die herkommen und wo soll man da ansetzen? Schließlich hat man in den letzten Jahren systematisch darauf hingearbeitet, das Team erst von der Nation abzukoppeln und auf dem Weg erst die Fans, dann die Turniere und letztlich auch die Mentalität verloren, die es braucht, um im Spitzensport erfolgreich zu sein. Die Vorfälle der letzten Tage zeigen, wie grundtief falsch seinerzeit der Umgang mit dem Trikotgate war. Gündogan überreichte “seinem” Präsidenten ein Trikot und es war eben weder das Trikot Deutschlands noch war es Steinmeier. Und dennoch darf der Mann die Deutsche Nationalelf als Kapitän aufs Feld führen?

Im eigenen Land von hier nie angekommenen Migranten ausgepfiffen zu werden, die sich zudem zur größten rechtsextremen Organisation hingezogen fühlen, müsste nicht nur beim migrantenfreundlichsten Politiker Zweifel auslösen, sondern auch zu einem Umdenken im Fußball führen. Wer für Deutschland aufläuft, muss sich eben auch zu Deutschland bekennen. Wo sonst sollen denn die Deutschen Tugenden herkommen, mit denen wir früher Turniere trotz individueller Unterlegenheit gewonnen haben? Wohin der verständnisvolle Kuschelkurs unter offensichtlich falscher Rücksichtnahme auf Kulturherkünfte geführt hat, war ja dieser Tage im Ergebnis deutlich zu sehen.

Dieses Problem ist größer als nur das Fußballproblem, aber die Deutsche Nationalelf kann man (mangels sonstigem Patriotismus) eben durchaus als Symbol für die Nation betrachten, die sonst so sehr mit sich hadert wie kaum eine andere in Europa. Nur muss bei allem Hadern eben auch ordentlicher Fußball gespielt werden, kaum etwas hätte integrativeren Charakter für unsere gesamte Gesellschaft als eine erfolgreiche Deutsche Nationalelf. 2006 und 2014 rannten ja nicht nur sog. “Biodeutsche”, sondern erkennbar viele Migranten in Deutschlandtrikots herum und bekannten sich plötzlich zu dem Land, welches sie nun auspfeifen (auch weil sie eben immer eine Fallback-Nation haben dürften) oder auf welches sie pfeifen.

An der Qualität der Einzelspieler liegt es nicht, auch der Trainer dürfte etwas auf dem Kasten haben, immerhin war er der absolute Wunschtrainer von Ralf Rangnick, für den die gestrige Vorführung wohl auch persönlich eine Genugtuung war, denn die Deutsche Fußballlobby um Wurst-Uli und Schlitzohr-Watzke wusste den als professoral geächteten Rangnick zu verhindern, hätte es doch deren Einfluss auf den Verband durchaus gemindert. Und solange das so ist und so lange es den “Großen” im Deutschen Vereinsfußball eher um den Marktwert ihrer Schützlinge im Schaufenster Nationalelf geht, so lange wird es schwer, diese Truppe unter diesem “friendly fire” zu orchestrieren und zum Erfolg zu führen.

Die Aussichten auf Besserung sind allerdings leider düster. Denn schon jetzt kann davon ausgegangen werden, dass die DFL im nächsten TV Vertrag weniger oder höchstens gleich viel erlösen wird als im laufenden Kontrakt, was automatisch auch weniger Geld für den DFB aus den Zuwendungen der Profivereine bedeuten dürfte. Und auch bei der Eigenvermarktung sieht es kaum besser aus, denn Losertruppen erhalten nicht nur weniger TV Geld, auch der erst vor wenigen Jahren 2019 als Sponsor aktiv gewordene Volkswagenkonzern erwägt nach vielen anderen wie REWE zuvor auch einen Ausstieg oder zumindest eine Reduzierung des Engagements und ob man die zuvor über rund 30 Jahre engagierte Marke Mercedes noch einmal motivieren kann, in die Bresche zu springen, darf angesichts deren eigener Probleme bezweifelt werden.

Auch, wenn viele es nicht wahrhaben wollen, aber neben dem Deutschen Fußball befinden sich auch weite Teile der Deutschen Wirtschaft in der Krise und angesichts drohender Sparmaßnahmen dürfte auch beim Deutschen Staat in Zukunft für Sportförderung kaum etwas zu holen sein, zumal sich ohnehin die Frage stellt, inwiefern die Förderung eines kommerziellen Unterhaltungsangebots irgendwie Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge sein sollte.

Wer etwas zum besseren ändern will, könnte übrigens auch selbst Sport treiben und z.B. das Sportabzeichen machen. Das hält gesund, macht den Kopf frei und lässt vergessen, dass es da draußen lustlose Millionäre gibt, die sich nicht ausreichend Mühe geben. Mühe geben wird sich am Freitag sicher unser sunny, uns wieder einen Opener zu kredenzen, der uns exzellent auf das nächste Spiel vorbereitet.

Habe die Ehre, äh, Ha Ho He, Euer Opa

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