(opa) Neue Liga, neue Spielzeit, altes Ergebnis. Hertha spielt holt auf dem Platz keinen Blumentopf und neben dem Platz brennt der Baum lichterloh. Permafrost gibt’s in Russland, bei Hertha gibt’s Permabrand. Dass Hertha mit einem unrunden Kader in die Saison geht, der sich aufgrund mangelnder Mittel auch nicht abrunden lässt, war absehbar, dass die Geduld einiger Fans schnell endlich ist, allerdings auch. Um das ganz klar zu sagen: Es ist legitim, nach dem verkorksten Saisonauftakt mit zwei Niederlagen enttäuscht zu sein. Genau wie es legitim ist, noch Hoffnung zu haben. Das ist kein Grund, dem jeweils anderen Vorwürfe zu machen, auch wenn dieses Untereinanderangehen durchaus auch in den Kosmos der Herthakonstanten gehört.
“Mehr Dardais als Punkte” dichtete gestern jemand. Trainer Dardai, letzte Saison (zu) spät als Retter angetreten und glanzlos abgestiegen, hatte von Anfang an versucht, die Erwartungen ans Team kleinzureden. “Junge Mannschaft, Umbruch, nicht eingespielt” waren und sind beliebte Stanzen in Interviews des knurrigen Ungarn, der um seinen Job in der augenblicklichen Atmosphäre nicht unbedingt zu beneiden ist. Andererseits steht er in der Verantwortung, die vorhandenen Spieler zu orchestrieren, fit zu machen und die Einstellung herauszukitzeln, auch dann noch zu rennen, wenn die Schenkel schon brennen. Da scheint genau wie bei der Fitness durchaus Nachholbedarf zu sein. Schon letzte Saison fing man sich zu oft in den letzten Minuten eines Spiels Gegentore, die dafür sorgten, dass man ohne zählenswertes Ergebnis da stand.
Dass Dardai bei der Zusammenstellung des Teams auf gestandene Mittelfeldspieler quasi gänzlich verzichten muss, merkt man über weite Phasen des Spiels deutlich. Der Spielaufbau erfolgt oft über weite Bälle nach vorn, Reese war hier auffällig, der aber dann entweder keinen Abnehmer fand, diesen nicht präzise bediente oder dieser mit dem Ball fremdelte. Ein zählbares Tor fiel nicht. Das wird man mit einem weiteren Stürmer allein auch nicht beheben, wenn dieser nicht versorgt wird. Dieser Teil der Dardaischen Analyse ist entweder eine Nebelkerze für die Presse oder aber nachhaltige Realitätsverweigerung.
Hertha muss in der zweiten Liga das Spiel machen und scheitert letztlich daran, dass man das nicht kann. Gleichzeitig schwächelt die Defensive, Dudziak verlor gegen seinen Gegenspieler erst den Ball und dann das Laufduell, weil er den Sprint nicht anziehen wollte. Kempf fiel mehr durch theatralisches Hinfallen, falsches Stellungsspiel und Fehlpässe auf denn durch Verhinderung von Toren. Da kann man wirklich froh sein, dass Leistner das ausbügelte. Bisweilen wirken die Spieler so, als hielten sie sich für die 2. Liga für zu gut. Das ist genauso gefährlich wie falsch, denn ein Teil der Mannschaft hat dafür gesorgt, dass man nun im Unterhaus kickt und machte schon letzte Saison keine großen Anstalten, sich dagegen zu stemmen. Von der angeblichen Mentalität, die Webers Vorgänger verpflichten wollte, war bislang zu wenig zu sehen.
Dardai hat bei Teilen der Fans noch Kredit, zu groß seine Reputation, zu groß seine Strahlkraft, zu groß seine Identifikation. Aber Dardai hat keinen Blankoscheck und auch Dardai wird sich am Ende an den Ergebnissen messen lassen müssen. Null Punkte nach zwei Spielen sind ein Alarmzeichen genau wie die Pfiffe während und nach dem Spiel. Die Stimmung auf den Rängen war schon vor dem Spiel überschaubar, der kurzfristige Deal mit einem Sponsor, dessen Engagement man vor der Wahl kategorisch ausgeschlossen hatte, wurde von nicht wenigen als “Umfallen” des Präsidenten gedeutet, der zähneknirschend und kleinlaut seinen Meinungswechsel im rbb Interview zu erklären versuchte.
Das kann ein Fingerzeig dafür sein, dass die Situation bei Hertha mehr als angespannt ist, wenn man auf 500.000 € Differenz zu anderen Angeboten nicht verzichten kann. Vermutlich hatte man sich vom Verkauf von Tousart auch mehr Erlös erhofft, der dann nicht floss und nun anderweitig kompensiert werden muss. Hertha liegt weiterhin finanziell auf der Intensivstation und so sollten Hoffnungen auf Wundertransfers auch begraben werden. Es wird in absehbarer Zeit kein teurer Spieler mehr bei Hertha andocken. Um den Weg, vor allem mit der eigenen Jugend anzutreten, wird kaum ein Weg vorbeigehen, auch dann nicht, wenn Hertha auch in Liga 2 in den Abstiegsstrudel geraten sollte.
Abstiegskampf? Ja, auch das ist eine Herthakonstante. Aber es gibt auch Hoffnung. Als Jos Luhukay 2012 als Trainer debütierte, gingen die ersten beiden Spiele auch eher in die Hose. Ein Unentschieden gegen Cottbus und eine Niederlage gegen Köln waren neben einem blamablen Pokalaus in Worms die Ouvertüre für eine Saison, in der Hertha Zweitligameister wurde. Wenn also nächste Woche gegen Jena der Bock noch nicht umgestoßen ist, ist das noch nicht zwangsläufig ein schlechtes Omen.
HaHoHe, Euer Opa