(opa)…in 11 Tagen ist Saisonauftakt und Du hast noch jede Menge Baustellen im Kader. Die Großverdiener alle noch da, von den sechs Torhütern boxt sich einer aus dem Kader, den man gerade für Ablöse geholt hat, Du hast 8 Innenverteidiger, 16 Stürmer und gerade mal 3 Mittelfeldspieler, von denen 2 zum Verkauf stehen. Dass dieser Kader mehr als unrund ist und Anfang September anders aussehen wird, werden die Verantwortlichen bei Hertha selbst wissen.
Dass ohne Abgänge keine Neuzugänge verpflichtet werden können, versteht sich angesichts der 37er Kadergröße und der Kassenlage beinahe von selbst. Dass dennoch gestern mit Smail Prevljak ein bosnischer Stürmer verpflichtet wurde, lässt da aufhorchen und könnte darauf hindeuten, dass die Dinge bei Hertha in Bewegung kommen. Oder musste man einfach zugreifen, ohne eine der anderen Baustellen gelöst zu haben? Hertha ist ja immer für eine – sagen wir mal – “Überraschung” gut.
Wer jetzt Szenarien durchspielen will, wird eine riesige Bandbreite vorfinden, mit der wohl selbst die künstliche Intelligenz überfordert sein dürfte. Setzt man Tousart nun doch zum Saisonauftakt ein? Was, wenn er sich verletzt? Und wie eingespielt ist er, wenn er nicht im Trainingslager war? Oder spielt Dardai mit 8er Kette und vorn hilft der liebe Gott? Oder hat Hertha zu Saisonbeginn doch eine Rumpfmannschaft zusammen, mit der man sich sportlich und finanziell konsolidiert? Klar ist nur eins: Langweilig wird es mit der alten Dame nie und die Geschichten drumherum schreiben sich fast von allein.
Zu diesen Geschichten gehört auch, dass man bei Hertha gerade viel Personal aus der zweiten Reihe ins Licht der Öffentlichkeit zerrt. Das spart nicht nur Kosten, sondern die brauchen – zumindest auf den ersten Blick – auch keine Einarbeitung. Herrich, über Jahrzehnte die graue Eminenz in der Geschäftsleitung und geachtet wie gefürchtet auf der Geschäftsstelle, nun einziger Geschäftsführer. Weber, über Jahre Akademieleiter, einziger sportlich Verantwortlicher, weil es die Position des Vorgängers nicht mehr gibt. Vera Krings, bisher unter Vorgänger Jung im Hintergrund, nun alleinige Kommunikationsverantwortliche und gleich im Stahlbad des Gersbeckskandals. Folgt man dieser Linie könnte das Revival von Ante Covic eventuell doch in den Bereich des Möglichen kommen.
Aber wir wollen nicht spekulieren. Oder doch? Neben der im Vorblog beschriebenen Neigung von Menschen, Fehler zu machen, ist die Neugier und der Drang nach Geltung eben auch in uns drin und daher beobachten wir nicht nur gern, sondern tratschen noch viel lieber, auch wenn wir eventuell gar nicht so nah dran sind, um die Dinge zu beurteilen. Jeder guckt halt aus seinem Blickwinkel drauf und der Austausch verschiedener Blickwinkel kann helfen, die eigene Wahrnehmung zu schärfen. Oder zu bestätigen.
Was eine Aufforderung zur lebhaften und kontroversen Debatte verstanden werden kann, verstehen andere als Aufforderung, nur noch fester an die ohnehin schon verfestigte eigene Meinung verstanden werden. Dann wird es ideologisch und das birgt eben immer die Gefahr, dass es an notwendiger Toleranz gegenüber Andersdenkenden mangelt. Themen wie Personen, auf die das zutrifft, gibt es zu Genüge. Umso wichtiger, dass es da moderate Stimmen gibt, die den Mut haben, auch mal gegen die vermeintlich vorherrschende Meinung zu schreiben. Davon lebt unser Blog.
War sonst noch was? Ach ja, Bei Hertha geht das Trainingslager unbeirrt weiter. Bei sommerlichen Temperaturen schwitzen und strampeln die Profis des Teams und bereiten sich hoffentlich diszipliniert und fokussiert auf den Saisonauftakt in Düsseldorf vor. Nicht nur für viele Exilherthaner in NRW ist das Spiel etwas Besonderes, auch diejenigen, die wie ich seinerzeit in Düsseldorf beim Relegationsskandal anwesend waren, dürften diesem Spiel mit besonderen Gefühlen entgegenfiebern. Und das wird sicher gleich zu Beginn hitzig, denn die Gräben sind weiterhin tief und die Narben nicht verheilt.
Hertha ist damals um ein faires Spiel betrogen worden, man wollte den Lieblingsclub des damaligen DFB Präsidenten Niersbach, der dann später über die Sommermärchenaffäre stolperte, wohl etwas pushen. Reguläre Bedingungen waren nicht gegeben, es fehlten Eckfahnen und Elfmeterpunkte, zum Teil standen Behelmte und deren scharfen Hunde auf dem Platz, dieses Spiel hätte niemals zu Ende gespielt werden dürfen und ist Teil einer Herthahistorie, die Indiz dafür ist, dass wenn man irgendwie tragisch stolpern kann, Hertha mit Bravour auf die Fresse fliegt. Immerhin auch eine Konstante.
Und so stelle ich mir vor, wie wir die Dusseldorfer mit einer eigenwilligen Taktik, mit unserer Bubitruppe aus deren eigenen Stadion schießen und in der Nachspiezeit Marius Gersbeck mit einer leuchtenden Fackel in der Hand noch einen Elfer während seiner Seenotübung hält. Meist wache ich nach dieser Vorstellung auf.
HaHoHe, Euer Opa