(opa) Was soll man nach einem solchen Debakel noch schreiben, was man sich nicht schon längst von der Seele getippt hat? Mal wieder geht man gegen den Tabellenletzten unter. Mal wieder vergeigt man ein existenziell wichtiges Spiel. Mal wieder belohnt man sich nicht. Und dennoch wird man nicht müde, mal wieder zu betonen, dass man auf dem richtigem Weg sei. Was nur keiner sagt, wohin der Weg führt und das bedeutet seit gestern, dass man sich auf die Ergänzung der Zweitligisten um einen weiteren Club mit H neben Heidenheim, Hannover, Hamburg, Holstein und Hansa vorbereiten kann. Sofern man eine Lizenz erhält.
Dieser Weg in den Untergang hat eine lange Vorgeschichte und irgendwie weiß man nicht, an welcher Stelle man beginnen soll. Zu verwoben der Sumpf derjenigen, die in unserem Verein Entscheidungen treffen, zu eng verflochten die Interessen, die damit verbunden sind. Es ist viel Geld im Spiel, lukrative Aufträge oder sogar Jobs, VIP Tickets als Belohnung mit all den Möglichkeiten zum “Networking” können gefügig machen, wer nicht auf Linie ist, wird zur Not juristisch eingenordet oder medial unmöglich gemacht. Hertha war immer eine Schlangengrube und jeder wollte Kalif anstelle des Kalifen sein und daran dürfte sich bis heute kaum etwas geändert haben.
Wie soll unter solchen Umständen ein glaubwürdiger Neuanfang möglich sein? Diejenigen, die noch vor kurzem diesem oder jenem die Treue geschworen haben, sind heute in Erklärungsnot und werfen immer noch die üblichen Nebelkerzen eines schönen neuen Stadions oder der Akademie mit ihren tollen Nachwuchsspielern, um dann doch auf dem Platz waidwunde und unfitte Seniorenspieler zu sehen, die vom Trainer auf alles eingestellt wurden, nur nicht auf das gerade aktuelle Spiel.
Und hinterher weiß niemand der Millionensalär beziehenden Spieler, Trainer und Funktionäre, was man falsch gemacht hat. Floskeln, dass nun kein Stein auf dem anderen bliebe, hat man auch schon von jedem Vorgänger mal gehört. Auf Inhalte muss man bei Sportlerinterviews vermutlich ohnehin kaum noch achten, auf die Körpersprache vermutlich umso mehr. Cigerci, der dem Co-Trainer das Abklatschen verwehrt, Platte, der den Blicken seines Gesprächspartners ausweicht, Weber, der vorm Mikro herumhampelt und etwas von Nachwuchsarbeit stammelt, als sei das gerade das größte Problem und ein Trainer mit der Körperspannung von Apfelmus, fahlen Augen und dem Selbstbewusstsein eines Junkies, wenn er auf den nächsten Schuss hofft, obwohl er längst weiß, dass Schluss ist.
Doch die Loyalität zur Einkommensquelle ist in diesem Business groß. Wann ist zuletzt einer freiwillig zurückgetreten, weil er sich überfordert fühlte? Außer Eberl vielleicht, aber zu den Details darf nicht einmal der öffentlich-rechtliche Rundfunk Fragen stellen. Schwarz blieb in Moskau dem Armeesportclub treu, als längst die Panzer ins Nachbarland einfielen. Angeblich, weil alle dort gegen den Krieg waren. Wir Deutschen kennen diese “Argumentationslinie” von denen, die im 2. Weltkrieg auch mal im Nachbarland vorbeigeschaut haben.
Schwarz meinte gestern nach dem Spiel, er würde sich immer kritisch hinterfragen, vor allem auch nach Siegen. Nur hatte er dazu diese Saison nach Siegen nicht allzu oft Gelegenheit, dafür waren es mit 5 aus 28 Spielen zu wenig. Und fragen alleine nutzt ja auch nichts, wenn man daraus keine Konsequenzen zieht. Die Abwehr ist immer noch vogelwild, die 5 Gegentore der bis vor dem Spiel torärmsten Mannschaft muss man nicht hinterfragen, da weiß man, dass man falsch lag. Und seit Monaten irrlichtert.
Würde man wenigstens vorn genug Tore schießen, wäre das ja halb so schlimm. Nur ist auch die Sturmabteilung ein Schatten ihrer selbst. Weitgehend aus Halbflügelspielern bestehend, ohne Bindung zum Rest der Mannschaft ist man auf sich allein gestellt und nicht einmal, als gestern 4 “Stürmer” (mit Richter sogar 5, der war nur als RAV eingesetzt) auf dem Platz standen, gelang etwas zählbares. Verzweiflungstaten eines Verzweifelten und historisch bewanderte Personen haben die Szene aus dem Untergang mit “Wo bleibt Steiner?” im Kopf, während der Trainer den Kopf hängen lässt und längst weiß, dass diese Schlacht für ihn verloren ist. Was allerdings schon kurz nach der Winterpause klar war.
Die Frage bleibt dennoch, weshalb man nibelungentreu an Schwarz festhält? Hat er eine fette Abfindung für den Fall einer Freistellung im Vertrag, dass dies teurer wäre als ein Abstieg? Kaum zu glauben angesichts des Impacts eines Abstiegs, der ja noch Jahre nachhallt. Einfach nur eine Frage der fehlenden Alternativen? So unattraktiv ist der Bundesligatrainerjob doch nicht, selbst bei enggeschnalltem Gürtel und es sind ja ein paar Trainer auf dem Markt. Wobei man objektiv betrachtet schon nachvollziehen kann, dass Hertha gerade jetzt nicht so attraktiv ist.
Also eine interne Lösung? Zecke, Covic, Dardai? Wer will nochmal, wer hat noch nicht? Wobei von denen sich auch keiner die Finger schmutzig machen und den eigenen Namen mit einem Abstieg besudelt wissen will. Wobei sich nach meinem Eindruck weite Teile der Fans längst mit der Realität abgefunden haben, die da heißt, dass wir nächste Saison kein DAZN Abo mehr benötigen. Also kann (und muss es sogar) man diesen Fans doch auch erklären, wie man sich das Szenario zu lösen vorstellt. Wie geht man eine Mission Wiederaufstieg an? Wie will man die 40 Mio. € Anleihe zurückzahlen? Wie viele Jahrzehnte verschiebt man das Projekt Stadionneubau?
Diese große Leere, die sich in der Fanseele breitmacht, ist wie ein Vakuum. Wenn man das vom Verein aus nicht mit Sehnsucht füllt, wird sich das mit anderen Dingen füllen. Dingen, die vielleicht sinnvoller sind, wie man seine Zeit verbringen kann als mit Hertha. Reisen an Orte, wo man nicht von Behelmten am Sightseeing gehindert wird z.B. oder Enten füttern auf der Parkbank oder sich mal wieder mit der Schwiegermutter treffen. Okay, bei letzterem dann doch lieber Hertha, oder? 😉
Schiebt nicht allzu großen Frust, die blauweiße Hertha ist trotz aller Skandale und Schwächeleien nie ganz untergegangen, zur Not gab’s Schwarzgeld aus dem Sarg und selbst der Dampfer ist nicht kaputtzurestaurieren und wenn wir wieder im Poststadion spielen, hat das den Vorteil kurzer Anfahrtswege und preiswerteren Caterings. Es ist nicht alles schlecht.
HaHoHe, Euer Opa