(opa) …und in der Gruppe mit der Panflöte in der Fußgängerzone eine “Sondernutzung” betreiben, wie Straßenmusik im Amtsdeutsch genannt wird, daran muss ich als erstes denken, wenn von Peru die Rede ist. Der heutige Gegner der Nationalmannschaft allerdings immerhin auf Platz 21 und somit sportlich durchaus ein Gradmesser nach dem schändlichen Abschneiden bei der Wüsten-WM in Qatar. Das Deutsche Nationalteam hat viel wiedergutzumachen und im Gegensatz zum gemeinen Herthafan sind die Deutschen Fans auch durchaus anspruchsvoll hinsichtlich der zu erzielenden Ergebnisse.
Apropos Ergebnisse und Erfolge. Gestern gewann Hertha ein Auswärtsspiel. Souverän. Mit 1:5. Gut, gegen einen Regionalligisten, aber fürs Gemüt der Spieler war das sicher gut, nachdem man gegen Abstiegskonkurrent Hoffenheim eine Klatsche kassiert hat und mit Freiburg und Leipzig als nächstes zwei Gegner kommen, gegen die man von der Papierform her eher Außenseiter ist. Oder keine Chance haben dürfte. Je nach Sichtweise.
2444 Zuschauer fanden den Weg in Herthas ehemalige Spielstätte am ebenfalls ehemaligen Frauenknast. Im Poststadion hab ich als Schüler Sportabzeichen gemacht und mich gefühlt dabei oft mehr bewegt als der eine oder andere Herthaspieler in den letzten Spielen. Die Erlöse des gestrigen Abends sollen “überwiegend” in die Region Türkoglu fließen, wo ein Containerdorf errichtet werden soll. Ein Erdbeben mit der Stärke 8,0 gab es zuletzt 2019 auch in Peru, was wegen der Tiefe des Epizentrums und der dünn besiedelten Region glücklicherweise nur wenig Opfer forderte. Wir rasen eben auf einem Ball aus glühendem Eisen mit 100.000 km/h durch luftleeren, lebensfeindlichen Raum.
Ärmel hochkrempeln und wiederaufbauen ist also die Devise, wenn einen eine Katastrophe heimsucht. Ein Lebensumstand, der dem Herthaner immerhin vertraut ist, wenngleich er dabei nicht selten wie ein Rohrspatz schimpft und meckert und flucht wie ein Brauereikutscher. Wiederaufbau betreibt neben der Nationalelf, die sich gerade im Retromodus befindet und zu klassischerem Auftreten in der Außendarstellung zurückkehrt, auch der deutsche Vorzeigeclub, der vor der Länderspielpause gerade mal den Trainer entlässt, obwohl man in allen drei Wettbewerben noch um den Titel mitspielt und für den man mal 25 Mio. € Ablöse gezahlt hat und der noch 30 Mio. € Abfindung kassiert. Nicht die Liga für Herthaner, wir haben deutlich mehr Geld verplempert. Für deutlich weniger sportlichen Output.
Vielleicht sollten die Herthaner auch “Sondernutzung” öffentlichen Straßenlandes betreiben und in den Fußgängerzonen musizieren und das dabei zusammenkommende Geld dem Verein spenden. Wobei man dann feststellen wird, dass sich die Fußgängerzonen ganz schön verändert haben. Die einstmals Glanz und Glamour versprühenden Kaufhäuser sind in Insolvenz oder im Rettungsschirmverfahren, haben das Angebot gestrafft, Filialen und Personal ausgedünnt und so richtig einen Grund dort einzukaufen, gibt es irgendwie nicht mehr. Das dürfte auch die Spendensammlung überschaubar halten. Temporas mutantur et nos mutamur in illis.
Oder wiederholt sich Geschichte dann doch? Das Spiel Deutschland gegen Peru hat es bisher nur zweimal gegeben, einmal ein Testspiel 2018, was Deutschland mit 2:1 gewann und einmal in der Gruppenphase der WM 1970 in Mexiko, was 3:1 gewonnen wurde. Frei nach Franz Beckenbauer: “Der Peruaner ist kein Holländer”. Aber es gibt ja keine kleinen mehr, heutzutage muss man ja vor den Faröern zittern. Gegen kältebedingtes Zittern hat der Peruaner aber wenigstens den Poncho erfunden. Und den gibt’s meist auch im Fanshop zu kaufen, womit sich irgendwie der Kreis schließt, um den ich mich gerade beim Schreiben dieses Blogbeitrags drehe bzw. gedreht habe, denn ich entlasse Euch nun in Eure Diskussion und hoffe, ihr habt Euch ein wenig unterhalten gefühlt, mir beim Ausdenfingernsaugen dieses Textes beizuwohnen.
HaHoHe, Euer Opa