(opa) Heute beginne ich mit einem Zitat von Karl Valentin: “Früher war alles besser. Sogar die Zukunft.” Früher war die Stadt in der Woche vor dem Derby elektrisiert, beide Fanlager brannten auf das kommende Spiel. Angesichts der letzten beiden Niederlagen ist die Stimmung unter vielen Herthanern aber eher gleichgültig. Wobei die Stimmung ja schon vor dem vergeigten Start nach der Winterpause nicht ausreichte, um unter den eigenen Fans das Stadion für das Spiel der Spiele auszuverkaufen. Für einen Anbieter emotionaler Erlebnisse im Bereich Sportunterhaltung sollte das mehr als ein Warnzeichen sein.
Neben dieser faktischen Gleichgültigkeit herrscht eine Stimmungslage aus Ratlosigkeit und Wut, eine Gemengelage, aus der selten etwas Produktives entsteht. Ein charismatischer Anführer, der wie seinerzeit Churchill in seiner Blut, Schweiß und Tränen Rede die Zuhörer mit schonungsloser Offenheit abholt, könnte helfen, die Situation zu managen. Stattdessen werden seit Wochen die selben, branchenüblichen Stanzen geliefert, allerdings garniert mit zwischen den Zeilen wahrnehmbaren Spitzen zwischen den Verantwortlichen. Keine gute Grundlage, um die Krise zu meistern.
Ohnehin kann die Krise realistisch nur auf dem Platz durch Ergebnisse gelöst werden. Den Kader wird man sechs Tage vor Ende der Transferperiode ohnehin nicht umbauen können. Hier steht der Trainer und sein Funktionsteam im Fokus. Erreicht er die Spieler noch? Stimmt seine Spielidee und passt diese zu den verfügbaren Spielern? Wie reagiert er, falls die Spielidee nicht passt und kann die Mannschaft mehr als nur “one trick pony”? Wie fit sind die Spieler? Wie motiviert er die Mannschaft aus der Krise heraus und kann er das? Und was, wenn nicht?
Und da steht halt Sportmanager Bobic im Fokus, als Heilsbringer geholt, mit den umfangreichsten Vollmachten ausgestattet, der eine halbe Busladung Vertraute installiert hat, bei deren erster Namensnennung bei vielen große Fragezeichen über den Köpfen war, weil sie eher nicht für Erfolg, aber sehr oft für Scheitern standen. Dufner und Korkut sind bzw. waren die zwei prominentesten Beispiele für diesen “Bobic-Buddy-Staff”, Trainer Schwarz gehört auch dazu. Die gezeigten Verhaltensmuster erinnern meist an deren Krisenstationen, weil es den meisten der genannten auch an Erfolgserlebnissen mangelt. Bobic hatte unstrittig Erfolge in Frankfurt, die Einschätzung, wie groß sein Anteil daran war, sinkt von Woche zu Woche.
Und die Fans? Viele gehen erst gar nicht mehr ins Stadion, viele gehen vorzeitig heim und selbst die Zuschauerzahlen am Fernseher dürften sich kaum positiv entwickeln. Wie soll da Derbystimmung entstehen, bei der mitschwingt, dass das Spiel der Spiele unbedingt gewonnen werden muss? Der Funke der Begeisterung und der Leidenschaft scheinen erloschen, beim Team genauso wie bei den Fans. Was das für eine Auswirkung auf die Zukunft hat und wie trüb die ist? Ich bin ratlos.
HaHoHe, Euer Opa