Veröffentlicht am Kategorien 1. Bundesliga, 2022, Allgemein, Spieltag

Fiiinaaale – oh, oh!

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(opa) Wenn man eine Oper über Fußball schreiben würde, wäre diese mit Sicherheit blauweiß. Niemand weiß so viele unerwartete Wendungen vor dem Finale zu nehmen wie die alte Dame. Ein Haken hier, eine Drehung dort und wenn man denkt, jetzt kommt das Happy End, kommt die dicke Sopranistin auf die Bühne und schmettert eine Arie darüber, dass das Leben nicht so schön ist, wie es scheint. Anders gesagt: Wenn Hertha eine Chance hat, einen Matchball zu verkacken, kann man sich blind darauf verlassen, dass der nicht einfach so, sondern mit Schmackes und Glitzer und Feuerwerk in der Luft ins aus geht. Und so stand gestern eigentlich schon vor dem Spiel fest, dass das ein unterhaltsamer Samstag werden würde.

Herthas frühe Führung, begünstigt durch einen durchs gesamte Spiel irrlichternden Schiedsrichter mit abenteuerlichster Zweikampfbewertung, tat dem Team sichtlich nicht gut. Dabei hatte man den BVB über lange Phasen gut im Griff. Offensiv fand die Millionentruppe vom Borsigplatz kaum statt, mit simplen, aber effektiven Methoden nahm man den schwarzgelben den Offensivwind aus den Segeln und anhand des Spiels gestern rechtfertigt auch nichts den Hype um den zu Man City wechselnden Haaland. Doch statt einfach den Stiefel weiter runterzuspielen und auf ein zweites Tor nach Konter zu lauern, versuchte sich Hertha in einer Disziplin, welche man nicht beherrscht. Das Verwalten einer knappen Führung ging gehörig schief.

Die Aufstellung ergab sich aufgrund der Verletztensituation und der Performance der letzten Wochen beinahe von allein. Einzig der Startelfeinsatz von Ekkelenkamp war neu, so richtig überzeugende Durchschlagskraft wusste der Niederländer aber nicht zu entwickeln, zu seiner Entlastung sei aber auch gesagt, dass er als Gegenspieler mit Witsel und Zagadou schon eher gehobenere Regalhöhe hatte. Serdar blieb ebenfalls blass, ihn aber durch Darida zu ersetzen, der zwar Räume zulaufen, aber mit dem Ball zu wenig anzufangen weiß, darf als Fingerzeig verstanden werden, dass dieser vermeintliche “Mentalitätskader” möglicherweise mit der richtigen Einstellung auf den Platz kommt, aber niemand würde wohl den Klempner zur Hebamme machen, auch wenn der noch so motiviert sein mag.

Der Rest der Auswechslungen folgte dann der Devise “vogelwild-verzweifelt”. Björkan rein, Björkan raus, der Stehgeiger ausm Wedding durfte auch mal wieder seine Tipkickqualitäten unter Beweis stellen genau wie unser montenegrinischer Altstar, der die Nasenpflastervorräte aus den 90ern aufträgt. Und so ging man hinten heraus unter wie eine Allstarsmannschaft auf Abschiedstournee gegen eine im Saft stehende Spitzentruppe und holte nicht einmal den einen Punkt, der zum sicheren Klassenerhalt gereicht hätte.

Dass der VfB dann ausgerechnet in der Nachspielzeit den Siegtreffer erzielte, passt zum eingangs erwähnten Hang unserer alten Dame zum ganz großen Drama. Zwei Zusatzspiele gewonnen und wenn das allein nicht so traurig wäre, dauerte es nur wenige Minuten, bis Keuters Newslettermaschinerie einem Karten für den Relegationskracher andrehen wollte, obwohl man nach der Saison tatsächlich sehr masochistisch veranlagt sein muss, sich dafür noch Geld aus der Tasche ziehen zu lassen.

Es zeigt aber an, unter welcher Realitätsferne man mittlerweile bei Hertha unterwegs ist. Klar mag das halt Tagesgeschäft und Zweckoptimismus sein, aber wozu sollte man völlig überbezahlten Profis und den dafür verantwortlichen Funktionären nach dieser Saison noch zujubeln, die nach dem 374 Mio. € Invest ja doch irgendwie allesamt verdient hätten, den Gang in die zweite Liga anzutreten, damit sie feststellen, dass ihre Leistung und vor allem Einstellung vermutlich nicht einmal dort ausreichen würden. Um nicht falsch verstanden zu werden: Niemand wünscht sich einen Klassenerhalt mehr als ich, aber dieses Saison(zwischen)ergebnis ist hausgemacht und es wird Zeit, dass Hertha sich neu aufstellt, völlig unabhängig von der Liga, in der man nächste Saison spielt.

Emotional sitze ich in Sachen Hertha schon seit Monaten neben unserem mitlesenden Wilson auf der Parkbank und füttere die Enten. Das Geld, welches ich früher in Dauerkarten gesteckt habe, habe ich im gestern begonnenen Vorverkauf der Staatsoper in zwei Top-Tickets für deren zauberhafte Everding-Inszenierung der Mozartschen Zauberflöte in original Schinkel-Kulissen gesteckt und nehme den seit einigen Wochen mein Leben bereichernden, neuen Liebreiz mit, die im kleinen Schwarzen sicher umwerfend aussehen wird. Schwarz wäre übrigens eine passende Trikotfarbe für unsere Hertha und sicher eleganter als der Schlafanzug-Sträflingskleidung-Crossover der laufenden und vermeintlich der kommenden Saison. Oder um Evelyn Harper aus “Two and a half men” nach einer Beerdigung zu zitieren: “Schwarz steht mir umwerfend. Leider stirbt so selten jemand.”

Während sich Spielsüchtige am Spielautomaten über zwei Sonderspiele als Belohnung und eine weitere vermeintliche Chance zum Gewinn freuen, geht Hertha mit einer mental gebrochenen Mannschaft in ein Duell gegen einen Gegner, der vor Selbstvertrauen kaum laufen können wird. Dieses “Setting” wiederum verspricht, am Ende doch noch mit einem (wenigstens mini-mini-minimalen) Ha-Ho-Heppy end aufwarten zu können.

Meine TOP5 Stars von #BVBBSC waren...

  • Tousart (20%, 86 Votes)
  • Lotka (19%, 84 Votes)
  • Boyata (15%, 66 Votes)
  • Belfodil (11%, 47 Votes)
  • Plattenhardt (10%, 45 Votes)
  • Ascacibar (9%, 40 Votes)
  • Pekarik (4%, 19 Votes)
  • MIttelstädt (3%, 12 Votes)
  • Trainer Magath (3%, 11 Votes)
  • Jovetic (2%, 7 Votes)
  • Kempf (2%, 7 Votes)
  • Boateng (1%, 5 Votes)
  • Ekkelenkamp (1%, 4 Votes)
  • Darida (0%, 2 Votes)
  • Richter (0%, 1 Votes)
  • Björkan (0%, 1 Votes)
  • Serdar (0%, 1 Votes)

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