(opa) Da war sie nun, die erwartete Trainerentlassung nach dem fünften verlorenen Spiel in Folge. Hertha gab am Sonntagvormittag schmallippig nur schriftlich bekannt, dass man sich von Cheftrainer Tayfun Korkut nach nur 14 Spielen getrennt hat. Für die Bekanntgabe eines Nachfolgers bat man sich Zeit aus, bis alles unter Dach und Fach ist. Es ist also wie bei der Papstwahl, alles wartet vor der sixtinischen Kapelle, bis weißer Rauch aufsteigt, der besagt, dass man sich im Konklave auf ein neues Kirchenoberhaupt geeinigt hat. Um den weißen Rauch zu erzeugen, wird dem Feuer feuchtes Stroh beigefügt, welches man bei Hertha einigen Spielerinterviews zu Folge in den Köpfen des kickenden Personals reichlich finden sollte.
Die größte Herausforderung dürfte sein, jemanden zu finden, der sich das antun will, was fast unmöglich erscheint. Immerhin gilt es einen nicht unwahrscheinlichen Abstieg einer Mannschaft zu verhindern oder zu begleiten. Friedhelm Funkel, der das bei Hertha nach dem Abgang von Monsieur Favre machen durfte, nehmen das immer noch einige Fans übel, dabei war sein Punkteschnitt gut genug, um die Liga zu halten, die entscheidenden Punkte wurden zu Beginn der Saison verloren. Die Aufgabe ist diesmal ambitionierter. 4 Siege aus den verbleibenden 8 Spielen mit einer Truppe zu holen, die in diesem Jahr noch kein einziges Spiel gewonnen hat, ist eine echte Herkulesaufgabe.
Erschwert wird diese durch ein extrem unruhiges Umfeld, mit Schmidt und Friedrich haben gleich zwei Mitglieder des Top-Managements vorzeitig das Handtuch geworfen, der Investor, dessen 374 Mio. € laut Verein “weg” sind, fordert offen zur Revolte und der Manager kam kaum hinterher, sich selbst über den grünen Klee zu loben hinsichtlich seiner Kaderplanung, was angesichts der sportlichen Erfolge eher absurd wirkt. Auch Bobics Ankündigung zum Amtsantritt, erst einmal Ruhe hineinzubringen und daher Kontinuität auf dem Trainerposten walten zu lassen, hat sich als die Makulatur erwiesen, die seinerzeit viele schon prophezeiten.
Makulatur, das ist die Schicht zwischen Wand und Tapete, die Unebenheiten und Fehler ausgleichen soll. Bei Hertha scheint es dort Krater zu geben, die noch die stabilsten und ambitioniertesten Zeitgenossen kleinkriegen, egal ob im Management, Funktionsteam oder auf dem Fußballplatz. Wer erinnert sich nicht an als Hoffnungsträger präsentierte Spieler wie die vielen “Leckweins”, bei denen es heute gerade noch zum Ersatz bei unterklassigen Teams reicht. Dieser Verein scheint verhext und immer dann, wenn man denkt, es ginge nicht mehr schlimmer, kommt Hertha und zeigt, dass es sehr viel schlimmer geht und dass das noch lange nicht das Ende der Fahnenstange ist.
Insofern bleiben wir unserer Tradition treu. Geld versickern lassen konnten wir schon Ende der 20er Jahre nach der Fusion mit dem BSC, dessen Kürzel wir seitdem erst im Namen tragen. Auch Särge wurden bei Hertha durchaus “Dual Use” zugeführt. Nicht nur allerhand Leichen im Keller konnte man darin verstecken, sondern auch Schwarzgeld, welches immer dann zu Tage kommt, wenn einer der Wissenden auspackt. Auch Handgelder und Bestechungsgelder bildeten nur die Ouvertüre zu dem Possenspiel, dem wir gerade beiwohnen. Denn einem Verein, der nur wenige Jahre zuvor seine eigene bilanzielle Überschuldung und damit das Vorliegen von Insolvenzgründen bekanntgegeben hatte, sofern er nicht “Wunderreserven” ins Feld geführt hatte, mit 374 Mio. € zuzuschütten, war nur der Brandbeschleuniger, den es brauchte, um ein großes wie kurzes Feuerwerk abzubrennen, vor dessen rauchenden Resten wir Fans derzeit stehen.
Auf diesen Resten muss nun der neue Trainer wirken, mit einem mehr als angeschlagenen und dennoch unfassbar mächtigen Geschäftsführer, der das Vorhandensein finanzieller Mittel offen leugnet und der auch weiß, dass niemand heute auch nur ansatzweise eine Ahnung hat, wie Hertha in der kommenden Spielzeit seine 40 Mio. € Anleihe zurückzahlen soll. Aus den Mitteln der zweiten Liga wird das kaum gehen. Der Investor, der seinerzeit ein Füllhorn an erforderlichen Mitteln versprochen hatte, steht selbst im Fokus allerlei finanzieller Skandale und Schieflagen, von dem wird das nicht zu erwarten sein. Ein Abstieg von den Futtertrögen der ersten Liga könnte die Talfahrt also noch einmal rasant beschleunigen.
Wer noch an die Rettung glaubt, ist herzlich eingeladen, die Kommentarspalten mit allem zu fluten, was noch Hoffnung verspricht. Mir selbst ist wie vielen anderen dieser Funke Hoffnung schon längere Zeit abhanden gekommen. Ich gelobe zwar, Hertha im Zweifel auch am Sonntagmorgen in der Berlinliga zu verfolgen, aber ich befürchte, dass wir Herthaner dann ähnlich einsam sein werden wie seinerzeit in der damaligen Oberliga. Aber immerhin bringt mich dieser Gedanke darauf, welcher Trainer denn für Hertha der richtige sein könnte: Jürgen Sundermann. Mit jugendlichen 82 könnte er beinahe noch als Nachwuchshoffnung bei den nächsten Wahlen zum US Präsidenten antreten, da wird er doch noch schaffen, Hertha zu retten. Ich sehe Paul Keuter schon die Koffer am Flughafen tragen. Wenigstens eine tragende Rolle, die diesem Mann zuzutrauen ist.
HaHoHe, Euer Opa