(opa) Wie soll man das Spiel gestern einordnen? Hat man nur knapp gegen die bislang ungeschlagenen Freiburger verloren oder ist die Saison doch schon längst als wurmstichig zu bezeichnen? Diese Frage werden sich die Verantwortlichen von Hertha nach Abpfiff auch gestellt haben, wenngleich Bobic sich beeilte, den Verbleib von Dardai als Trainer zu bestätigen. Böse Zungen werden sagen, dass Dardai ja auch nach einer Freistellung als Cheftrainer immer noch Trainer ist, sogar bei Hertha. Doch eins nach dem anderen.
Die Ausgangslage vor der Partie war, dass Coach Dardai personell nur bedingt aus dem vollen schöpfen konnte. Zwar sind nominell nur 4 Spieler verletzt, aber einige kommen gerade aus Verletzungen oder sind noch nicht fit genug für 90 Minuten. Und einige, wie der vor der Saison verpflichtete Boateng werden es vermutlich auch nie wieder werden. Die Idee hinter der Aufstellung war vermutlich, das Spiel mit der 5er Kette breit zu machen und im Zentrum mit Tousart, Boateng und Serdar eine Art Überzahl zu schaffen, ohne defensive Stabilität einzubüßen. Das hat rein zahlenmäßig vielleicht geklappt, aber gegen stets und ständig anrennende Freiburger fand man über weite Teile des Spiels oft nicht den Weg aus der eigenen Hälfte hinaus. Immerhin gab’s tatsächlich keine Gegentore aus dem Spiel heraus, beide Treffer fielen nach einer Standardsituation.
Das alles wurde auf dem Platz von Boateng zu orchestrieren versucht, der sich gefühlt kaum aus dem Mittelkreis bewegte und dessen Auswechslung in der 58. Minute einen Umbau der gesamten Statik erforderlich machte. Dass sich daraus Abstimmungsprobleme ergeben, ist einleuchtend, aber das erklärt nicht die naive Passivität, mit der die Spieler in Blauweiß sich von aggressiv pressenden Freiburgern abkochen ließen und der Verteidigung viel Arbeit bescherten. Die machte das über weite Teile gut, bis eben auf die beiden Standards, wo man aussah wie eine Schülermannschaft. Und was die Frage aufwirft, was unsere Spieler eigentlich so beruflich machen.
Es läuft vieles nicht zusammen und es mehren sich die Stimmen, dass das, was da von Hertha zu sehen ist, für die Bundesliga kaum tauglich ist. Dass der Trainer seine Aktien daran hält, steht außer Frage. Es wäre an ihm, den Spielern eine Idee an die Hand zu geben, mit der man auf dem Platz steht und wie man diese Idee verändert, falls man damit nicht durchkommt. Und natürlich, wie man einem Team Mechanismen beibringt, dass sich man bei Standards nicht Gegentore fängt.
Aber das taugt als alleinige Erklärung nicht. Da spielt auch ein vom neuen Manager bemerkenswert “mutig” veränderter Kader eine Rolle, genau wie merkwürdige Muskelverletzungen und Spieler, die ihre tägliche Arbeit bei Hertha eher als eine Art Rekonvaleszenz zwischen zwei Nationalmannschaftsauftritten zu betrachten scheinen, bei denen man sich gern erneute Blessuren zuzieht. Dass der Trainer keine Formation aufstellen kann, die “rund” läuft, liegt eben auch am zur Auswahl stehenden Personal.
Diese Spieler haben auch ihren Anteil an der Situation. 4 Spieler standen um Petersen, der im Berliner Strafraum frei zu einem Fallrückzieher ansetzen kann und alle 4 scheinen diese Szenerie zu bestaunen statt den Gegentreffer zu verhindern. Talentierte Spieler wie Serdar oder Ekkelenkamp scheinen sich leider dem Niveau ihrer Mitspieler anzupassen statt sie auf ein höheres Level mitzuhieven. Wer will es ihnen aber auch verdenken, wenn z.B. Flanken von außen häufig unpräzise kommen, wozu sollte man sich dann die Seele aus dem leib sprinten?
All diese Details zusammen ergeben einen unglücklichen Cocktail, der dazu führt, dass Hertha derzeit nur bedingt bundesligatauglich ist. Die Frage ist, was nun zu tun ist. Ein Trainerwechsel könnte sicher neue Impulse setzen, aber birgt eben auch Risiken, die man wohl nur realistisch abwägen kann, wenn man weiß, wer überhaupt zur Auswahl steht. Es gibt zudem Anzeichen, dass bei Hertha Kräfte wirken, die ein solches Vorgehen als nicht naheliegend scheinen lassen, zumal das auch einem neuen Übungsleiter erhebliche Schwierigkeiten bereiten könnte, gegen gläserne Wände anlaufen zu müssen.
So steht zu befürchten, dass man da irgendwie durchkommen und hoffen muss, dass es drei noch schlechter machen. Das ist als Anspruch für einen Verein, der nach einer 375 Mio. € Spritze von der regelmäßigen Teilnahme an internationalen Wettbewerben sich selbst das Image eines Attacke-Clubs geben wollte, allerdings durchaus als nicht ganz realistische Tiefstapelei zu betrachten. Der schwache Trost für den Investor dürfte sein, dass er wenigstens nicht sein eigenes Geld verplempert hat.
Dass viele Herthanerinnen und Herthaner satt sind, zeigt sich u.a. auch an der Zuschauerzahl. Trotz wirklich gutem, beinahe spätsommerlichem Wetter hatte Hertha trotz zweier Siege in Folge zuvor gerade mal etwas mehr als 18.000 Tickets abgesetzt. Und viele, mit denen ich früher regelmäßig Dauergast im Stadion waren, beobachten achselzuckend und beinahe abgestumpft das Geschehen. Tödlich für ein Unternehmen der Unterhaltungsindustrie, welches Emotionen vermarkten soll, zumal neue Fans auch nicht Schlange stehen.
Irgendwie Augen zu und durch? Für uns Fans mag das gelten. Für die Verantwortlichen darf das nicht als Maßstab herangezogen werden. Die kriegen ein vergleichsweise üppiges Salär, um Wege aus dieser Krise zu erkunden und die entsprechenden Entscheidungen zu treffen. Mögen Sie erfolgreich sein.
HaHoHe, Euer Opa
P.S.: Zum Abschluss noch zwei Abstimmungen.
Meine Top 5 Stars von #BSCSCF waren
- Herr Freitag (18%, 122 Votes)
- Serdar (18%, 121 Votes)
- Das leidende Publikum (17%, 114 Votes)
- Jastrzembski (11%, 76 Votes)
- Mittelstädt (11%, 75 Votes)
- Ekkelenkamp (6%, 40 Votes)
- Jovetic (4%, 25 Votes)
- Tousart (3%, 23 Votes)
- Pekarik (2%, 14 Votes)
- Stark (2%, 13 Votes)
- Richter (2%, 11 Votes)
- Boyata (2%, 11 Votes)
- Trainer Dardai (1%, 9 Votes)
- Schwolow (1%, 7 Votes)
- Selke (1%, 4 Votes)
- M. Dardai (0%, 3 Votes)
- Plattenhardt (0%, 3 Votes)
- Boateng (0%, 2 Votes)
Total Voters: 188
Bis Dienstag Abend um 18 Uhr könnt ihr hier noch den Spieler im Fokus bestimmen:
Als Spieler im Fokus soll diese Woche aus dem Mittelfeld stehen
- Tousart (60%, 87 Votes)
- Boateng (32%, 46 Votes)
- Darida (5%, 7 Votes)
- Ascacibar (4%, 6 Votes)
Total Voters: 146