(opa) Aus, aus, aus, das Spiel ist aus. Der ehemals hochgelobte Jogi Löw, der uns zwischenzeitlich zum Weltmeister machte, hat es tatsächlich geschafft, das erste mal seit 1966 in einem KO Spiel eines Turniers gegen England zu verlieren. Ein 55 Jahre alter Rekord ist futsch. Genau wie das Denkmal, welches Löw sich zwischenzeitlich gebaut zu haben schien. Wie viele vor ihm verpasste er den richtigen Moment, Lebewohl zu sagen. Da “the winner takes it all” auch für Legenden gilt, bleibt die Erinnerung an seine Amtszeit für viele eher mit dem schmucklosen Abgang gestern Abend verbunden als mit seinen Erfolgen.
Gestern Abend war für den deutschen Fußball eine Zäsur und es wird nicht damit getan sein, einfach einen neuen Trainer machen zu lassen. Die Probleme sitzen sehr, sehr viel tiefer und es bedarf einer Aufarbeitung, die diesem Verband jedoch kaum noch zuzutrauen ist, der sich in letzter Zeit nicht nur durch Entfremdung von der eigenen Basis, sondern im Verschleiss von Führungspersonal auszeichnet. Nach dem jovialen Ex-Bundestagsabgeordneten mit den klebrigen Händen ist nun auch dessen Nachfolger gescheitert. Strukturell wie sportlich steht der DFB so schlecht da wie zuletzt am Ende der Ära Helmut Schön, der seinerzeit auch nicht wusste, wann es Zeit ist zu gehen.
Bleibt also ein Scherbenhaufen, den zusammenzukehren angesichts der Umstände fast unmöglich erscheint. Denn die nächste Chance, ein breites Publikum für sich zu gewinnen, wird kein Sommermärchen mit Public Viewing, sondern ein von Scheichs gekauftes und an Scheichs verkauftes Turnier, welches man hierzulande beim Glühwein Im Vorweihnachtsstress “genießen” darf und wo man beobachten darf, wo der gestern noch gezeigte Gratismut hin ist, mit dem sich die ehemalige Nationalmannschaft dem Zeitgeist an den Hals gewammst hat. Wie soll man so etwas wieder kitten? Zumal andere Nationen sportlich nicht nur aufgeholt haben, sondern mittlerweile in einigen Punkten Deutschland überholt wurde.
Der U21 Titel hilft bei dieser Aufgabe genauso wenig wie seinerzeit der Gewinn des Confed Cups. Denn aus beiden wurden nicht die richtigen Konsequenzen gezogen. Aus beiden erntet man nicht das Feuer, sondern lobpreist stattdessen die längst erloschene Asche der Vergangenheit. Von der kann man sich aber nichts kaufen. Dem deutschen Fußball dürften lange Jahre in der zweiten Reihe bevorstehen und vielleicht erleben wir noch die Schmach, dass kleine Jungs auf dem Bolzplatz nicht nur in Trikots fremder Vereine herumlaufen, sondern auch in Trikots fremder Nationen.
Wenn das der Plan war, den die Verbandsführung um den jeweils amtierenden DFB Präsidenten und dem Shampoo-Werbungdarsteller hatte, dann ist er aufgegangen. Bierhoff wird eines Tages als vermögender Mann aus dem Amt scheiden. Geschätzte 1,5 Mio. € pro Jahr verdient Bierhoff beim DFB. Seit 2004 dürften sich seine Einkünfte nur aus diesem Engagement auf über 20 Mio. € belaufen. Das Ergebnis war gestern zu bewundern. Eine Kaspertruppe, die selbst gegen England verliert und keinerlei Gespür mehr dafür hat, was das heimische Publikum erwartet. Auf den Seiten des DFB wird man übrigens immer noch mit dem albernen “Die Mannschaft” begrüßt. Selbstkritik? Fehlanzeige!
Man kann natürlich verlieren, sogar gegen England. Aber dann doch so, dass man das Gefühl gehabt hat, dass die Mannschaft und der Trainer alles gegeben hat. Wie bei den Kroaten oder Ungarn, die bis zur letzten Sekunde gekämpft haben und sich auflehnten. Bei den deutschen National-Elfen hatte man eher das Gefühl, dass man das Elend verwaltet hat und sich ansonsten in der Rolle gefällt, ein bisschen Zeitgeist-Applaus zu ernten. Das wird auf Dauer nicht reichen. Schon heute werden EM Artikel wieder auf dem Grabbeltisch verramscht werden und mehr über die nackte Wahrheit des Zustands der Nationalmannschaft sagen als blumige Worte von Spielern oder Funktionären.
Die Fans, die dem Team nicht nur gestern, sondern über viele Jahre trotz Fehlentwicklung die Treue gehalten haben, werden die Scherben nicht allein zusammenkehren können. Dafür müsste ein anderer Geist im Verband herrschen. Doch wer soll den dort einhauchen? Und so ist zu befürchten, dass es ab morgen heißt: “Weiter so!” – wobei dieses weiter nur bedeutet, dass der Fußball dem Abgrund näher rückt. Vielleicht macht ein österreichischer Brausehersteller ja einen finalen Klippensprungwettbewerb draus. Flügel wird auch das dem deutschen Fußball auf seinem Sinkflug nicht verleihen.
HaHoHe, Euer Opa