Veröffentlicht am Kategorien 1. Bundesliga, 2021, Allgemein

Alles auf Zero

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(opa) Die Zero ist beim Roulette die statistische Versicherung der Bank, dass diese beim Setzen auf rot oder schwarz dennoch im Vorteil ist, da die Zero weder das eine noch das andere ist. Statistisch braucht auch unsere alte Dame diese Versicherung, denn nach der quarantänebedingten Zwangspause steht Hertha auf einem direkten Abstiegsplatz. Allerdings hat man drei Spiele weniger als die Wettbewerber und die Aufgabe, 4 Punkte aus 3 Spielen zu holen, klingt nicht unlösbar, zumal es gegen direkte Konkurrenten geht. Andererseits ist nicht gerade unser Herzensverein prädestiniert dafür, eine solche Chance zu vertun?

Viel ist seit dem letzten Opener passiert. Die Super League wurde geboren und gleich wieder zu Grabe getragen. Unsere Abstiegskonkurrenz hat sich in Position gebracht, während die Mannschaft aus Gelsenkirchen nun auch rechnerisch abgestiegen ist und nach 30 Jahren im Oberhaus selbiges verlassen muss. Wie verzweifelt und ratlos muss man zudem sein, einen Manager einzustellen, dessen Kernkompetenz im Verbummeln von Rucksäcken mit sensiblem Inhalt zu sein scheint? Leider lässt die gerade prekäre Lage der alten Dame (zumindest noch) nicht allzu viel Schadenfreude zu. Aus den Euro-Fightern und dem 4 Minuten und 38 Sekunden Meister der Herzen ist ein Trümmerhaufen geworden und keiner von deren Fans kann aus der 5 km langen Bierpipeline seinen Frust mit etwas von den 52 Kubikmetern Bierkapazität ertränken. Ob die auch so abgestumpft sind wie einige Fans bei uns?

Immerhin treffen in der kommenden Saison namhafte Clubs in der 2. Liga aufeinander: Neben den Gesindelkirchenern dürften auch die Dinos aus der Stadt der putzigen Stadionuhr, Düsseldorf, Karlsruhe, Hannover, Nürnberg (immerhin 9maliger deutscher Fußballmeister!) sowie Aue, ggf. Dresden und Rostock anzutreffen sein. Aus Fansicht sind das keine unattraktiven Reiseziele, was dennoch nicht zwangsläufig bedeuten mag, dass ich mir das herbeisehne, denn ein Abstieg hinterlässt in vielerlei Hinsicht einen Impact, von dem man viele Jahre braucht, um sich von ihm zu erholen. Möge also die letzte Saison, die von Manager Preetz verantwortet wurde, glücklicher enden als dessen erste Saison.

Da ich auch angesichts des draußen besser werdenden Wetters keine rechte Lust verspüre, trübseligen Gedanken nachzuhängen, wollen wir uns also mit dem Szenario beschäftigen, was denn passiert, wenn Hertha die Klasse hält. Fredi Bobic kommt als Manager und hat das Aufgabenbuch sehr, sehr voll. Der Laden dürfte auf links gedreht werden und es werden wohl auch unangenehme Entscheidungen getroffen werden müssen. Nicht nur hinsichtlich des Spielerkaders, sondern auch beim Drumherum. Das Scouting dürfte eine Großbaustelle werden, die aber für unser Kerngeschäft von eminenter Bedeutung ist.

Inwiefern die Öffentlichkeitsarbeit davon betroffen sein wird, wird abzuwarten sein. Projekte wie E-Sport oder hippe Moderatorenmätzchen mitsamt alberner Social Media Contenproduktion kommen dann hoffentlich auch auf den Prüfstand und werden einer älteren Dame würdig gestaltet statt sich einem ohnehin kaum gewinnbaren Publikum anzubiedern und gleichzeitig seine Kernkundschaft aus den Augen zu verlieren. Ob dann auch der Zeitgeist von Denunziation vertrieben wird, haben wir Fans ja auch ein klein wenig in der Hand.

Bei der Frage, ob Dardai Trainer bleibt, positioniere ich mich übrigens klar: Ja, er bleibt. Die Frage ist nur, ob er die erste Herrenmannschaft betreuen wird oder wieder ins Jugendteam wechselt. Das dürfte nicht umsonst auch mit der Frage zusammenhängen, ob Hertha den Klassenerhalt schafft oder nicht. Und auf welche Art und Weise. Zu Reden gibt’s also genug und das funktioniert dank Euch ja auch dann sehr gut, wenn ich mich wie in den letzten Tagen mal mit etwas anderem beschäftige als Euch einen neuen “Opaner” zu servieren. Der Frühling hinterlässt seine Spuren im Garten. Im letzten Jahr von Giersch, Schöllkraut, Efeu und Rosen befreit scheinende Beete strafen mich Lügen, die Natur ist unaufhaltsam und der Wille dieser Pflanzen zu Leben ist immer wieder genauso nervig wie atemberaubend. Und man kommt auf andere Gedanken und das nicht nur, weil der Rücken schmerzt 😉

Also natürlich sollt ihr unserer Community treu bleiben, aber genießt auch dieses wunderschöne Schauspiel der Natur, wie aus Holz Triebe wachsen und in wenigen Wochen kahle, triste Gegenden in wahrlich blühende Landschaften verwandelt werden. Genießt die saisonale Küche wie Bärlauch oder den ersten Spargel, in wenigen Wochen ist es damit schon wieder vorbei. Während man sich dann anderen kulinarischen Sommergelüsten hingeben kann, ist dann in Sachen Hertha zumindest Sommerpause und die wird so oder so spannend. Wenn ihr Euch also ein paar Stunden Frühlingspause nehmt, wird bei Eurer Rückkehr nicht alles auserzählt sein.

Mit Hertha zu leben, heißt halt auch irgendwie, im Einklang mit der Natur zu sein. Auf der Krone des Erfolgs zu schwimmen ist einfach, aber sich aus den Tiefen wieder emporzuheben, Resilienz zu entwickeln, das schaffen nur die Zähesten und wenn man das Ganze mit einem Schuss Selbstironie (dieser Tage bisweilen gefährlich wie seinerzeit bei Heine) mischt, dann hat man fast das Abziehbild eines Herthaners, der weiß, dass man noch so viel Unkraut zupfen kann, spätestens im nächsten Frühjahr ist es wieder da. So wie unsere alte Dame, so wie unser Community, die vor knapp eineinhalb Jahren von einem Verlag in den Müll geworfen wurde. Der Kreislauf des Lebens eben. Doch bevor das jetzt zu philosophisch wird, beende ich den Opener, wünsche Euch einen erfolgreichen Start in die Woche und wenn Euch nach Reden und Austausch mit lieben und nicht so beliebten Zeitgenossen ist, findet ihr hier einen Platz in den Kommentaren.

HaHoHe, Euer Opa!

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